Wozu auch ein MBA?
Einen Master of Business Administration (MBA) zu erwerben, gehört im Westen für viele ambitionierte Berufsleute zum guten Ton. Nicht so in Japan. «In Japan herrscht die Überzeugung vor, dass Geschäftswissen bei der Arbeit und nicht im Klassenzimmer erworben wird», sagt T.W. Kang, ein in Tokio lebender Manager MBA-Absolvent gegenüber der New York Times.
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Der MBA-Titel wird in Japan erst seit 7 Jahren offiziell vom Staat anerkannt. Seither sind in den Metropolen Tokio und Osaka rund 30 Schulen entstanden, die an den Abenden und am Wochenende berufsbegleitende Management-Kurse anbieten. Laut der International Business Times besteht noch ein Grossteil der Studenten aus Ausländern, die in Japan arbeiten.
Doch auch unter den Japanern in den 30ern ist das Interesse an den neuen Diplommöglichkeiten gestiegen. Gerade die stagnierende Wirtschaft trägt zum Wunsch bei, neben der klassischen Ausbildung noch einen weiteren, unabhängigen Bildungsweg einzuschlagen. So bezahlen sich viele ihre Zusatzausbildung aus der eigenen Tasche, auch wenn die Akzeptanz dafür in der japanischen Wirtschaft noch nicht sonderlich ausgeprägt ist.
Keine beliebten Kollegen
Inwiefern ein MBA in Japan beruflich von Nutzen ist, bleibt daher fraglich. Oft werden solche Diplome von den Arbeitgebern lediglich als ein Zertifikat für höhere Englischkenntnisse angesehen. Ausserdem tendieren viele Firmen die Angestellten mit MBA-Erfahrung in Geschäftsbereiche zu versetzen, in denen das Management-Diplom kaum von Nutzen ist. So soll verhindert werden, dass sie vor lauter Theorie und Selbstbewusstsein die Bodenhaftung verlieren.
Der Erwerb des täglichen Handwerks ist für die japanischen Konzerne zentral. «MBA-Absolventen legen zu grossen Nachdruck auf die Logik. Doch gerade im Umgang mit verschiedenen Kunden und Partnern führt dies in eine Sackgasse», meint Reji Shibata von einer Tokioter Personalberatungsfirma.
Der japanischen Denkweise anpassen
«In Japan lernen Wirtschaftsstudenten, dass die grossen japanischen Konzerne mit langfristigen Ansätzen und engen Beziehungen erfolgreich geworden sind. Das ist das komplette Gegenteil vom Wallstreet-Denken.», erklärt Christina Ahmadjian, Wirtschaftsprofessorin an der renommierten Tokioter Universität Hitotsubashi, gegenüber der New York Times.
Für viele japanische Manager gelte immer noch: Alles was aus den USA komme, sei korrupt und falsch, meint Ahmadjian weiter. Aus diesem Grund sei es wichtig, MBA-Kurse den japanischen Denkweisen anzupassen. Ahmadjian glaubt auch, dass bezüglich der MBA-Ausbildung in Japan ein Umdenken stattfinde.
So gibt es heute auch erfolgreiche Beispiele von MBA-Absolventen, die es auch in Japan weit nach oben geschafft haben. Das berühmteste Beispiel ist wohl Hiroshi Mikitani, Konzernchef des Onlinehändlers Rakuten und MBA-Absolvent der Harvard Business School. Gemäss Forbes ist er mit einem Vermögen von 4,7 Milliarden US-Dollar der 6. reichste Japaner. Oder auch Tomoko Namba, die ebenfalls in Harvard mit einem MBA-Titel ihre Geschäftskenntnisse erweiterte und mit DeNa eines der führenden japanischen mobilen Internetunternehmen aufbaute.
Enger Bezug wichtig
Yoshihiko Takubo, der die Tokioter Globis Business School führt, meint dennoch, dass für MBA-Kurse in Japan Anpassungen nötig sind: «Die japanischen Manager müssen das Unternehmen bis ins Detail kennen, verstehen und sich damit identifizieren können.» Der enge Bezug zu den realen Gegebenheiten in einer Firma sei wichtig. Zudem lehrt er seinen MBA-Schülern ihr Diplom im Beruf nicht an die grosse Glocke zu hängen und möglichst technische Begriffe zu vermeiden.
Christina Ahmadjian bleibt derweil zuversichtlich, dass die Anerkennung für ein MBA auch in Japan stetig. Auch wenn der MBA-Titel in Japan momentan noch nicht den Stellenwert wie im Westen habe, so hätten es doch viele Unternehmen mittlerweile verstanden, ihre MBA-Leute effizient einzusetzen.
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