Die Geschichte einer Flucht
Tatsuya Ichishashi war der meist gesuchte Mann Japans. 31 Monate lang war der heute 32-Jährige auf der Flucht (Asienspiegel berichtete). Ichihashi soll im März 2007 die britische Sprachlehrerin Lindsay Hawker in seiner Wohnung in der Präfektur Chiba getötet und den Leichnam anschliessend in eine mit Sand gefüllte Badewanne auf seinem Balkon vergraben haben. Um unterzutauchen, liess er später sein Gesicht chirurgisch operieren. Im November 2009 tappte er schliesslich im Hafen von Osaka in die Falle, als er gerade daran war, eine Fähre in Richtung Okinawa zu besteigen.
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Seither sitzt Ichihashi in Untersuchungshaft. Laut der Japan Times gestand er den Ermittlern, Lindsay Hawker erstickt und in seiner Wohnung gefesselt zu haben. Eineinhalb Jahre nach seiner Verhaftung hat sich der mutmassliche Mörder mit einem Buch aus dem Gefängnis gemeldet. Der Titel lautet: «Bis ich verhaftet wurde: Ein Protokoll von ungeschriebenen 2 Jahren und 7 Monaten».
Eine Pilgerwanderung auf Shikoku
Auf 283 Seiten beschreibt Ichihashi wie er unmittelbar aus seiner Wohnung in der Präfektur Chiba flüchtete und sich in der Folge durchschlug. Er berichtet von seinen Bemühungen sein Aussehen mit Nadeln eigenhändig zu verändern, bevor er genug Geld zusammen hatte, um sich eine Gesichtsoperation zu leisten. Ein Hut und eine Hygienemaske halfen ihm, unerkannt zu blieben. Seine Flucht führte ihn durch 20 Präfekturen.
Als Bauarbeiter in Osaka verdiente er seinen Unterhalt, stets in der Angst entdeckt zu werden. Ichihashi versteckte sich zeitweilen auf der Insel Ohajima bei Okinawa und wagte gar einer Pilgerwanderung auf der kleinsten japanischen Hauptinsel Shikoku, wo er sich nicht sehnlicher herbeiwünschte, als Lindsay Hawker zurück ins Leben rufen zu können, «so als sei nie etwas geschehen».
Die Antwort der Familie Hawker
Er sei zu feige gewesen, Selbstmord zu verüben. Das Buch ist seinen Aussagen zufolge ein Akt der Reue. Die Mordtat spricht er jedoch nicht an. Zum anstehenden Prozess nimmt Ichihashi genauso wenig Stellung. Einzig die mögliche Todesstrafe tönt er an, indem er sich fragt, wie es wohl sei, erhängt zu werden.
Die Familie von Lindsay Hawker äusserte sich derweil in einer schriftlichen Stellungnahme zum Buch von Ichihashi. Sie sei angewidert von der Tatsache, dass einem Mann, der sich vor Gericht verantworten müsse, erlaubt werde, ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen. «Dies hat der Familie nur noch mehr Leid hinzugefügt. Das einzige was wir wollen, ist Gerechtigkeit für Lindsay.»
Der Gerichtsprozess gegen Tatsuya Ichihashi steht noch in diesem Jahr an. Es wird erwartet, dass er vor einem Geschworenengericht Aussagen muss.
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