Schöne Industrielandschaften
Nächtliche Schifffahrten durch die Industrieviertel der Tokioter Bucht sind der neuste Renner unter Japans Tourismusangeboten. Das Tourismusbüro der Stadt Kawasaki, zwischen Tokio und Yokohama gelegen, bietet diese ungewöhnliche Rundreise 2 Mal im Monat an. 4000 Yen (35 Euro) kostet das Abenteuer pro Person.
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So betrachten gerade junge Japaner die lieblosen Metallstrukturen an der Küste aus einem neuen Blickwinkel. «Es sieht aus wie ein Weihnachtsbaum», beschreibt ein Rundfahrtgast der Yomiuri Shimbun die Szenerie. Er sei begeistert von den orangenen und weissen Lichtern, welche die Fabriken ausstrahlten. Gerade der nicht alltägliche Anblick mache den Industriegürtel so attraktiv, erklärt eine weitere Person die Ästhetik von Kawasakis Fabriken.
Weibliche Gäste
Überraschenderweise sind rund 70 Prozent der Gäste in Kawasaki weiblich. «Ich glaube, dass die Frauen das Geheimnisvolle der Fabriken mögen. Etwas, das ihnen nicht unbedingt vertraut ist», erklärt Yasuyuki Kameyama vom Tourismusbüro Kawasaki in der Yomiuri Shimbun. Die nächtliche Tour durch Kraftwerke, Ölraffinerien und Gastanks ist gar so erfolgreich, dass seit letztem April auch eine Bustour im Angebot ist.
Die Nachbarstadt Yokohama hat nachgezogen und bietet seit kurzem eine ähnliche Rundfahrt durch ihr eigenes Industrieviertel an. Auch die Präfekturen Mie und Fukuoka haben begonnen ihre Fabriken touristisch zu vermarkten. Selbst die Regierung in Tokio hat mittlerweile eine Gesetzesanpassung vorgeschlagen, um bekannte Industriekomplexe im Land als Weltkulturerbe anmelden zu lassen.
Der neue Industrie-Chic
Das Wall Street Journal vermutet eine Nostalgie hinter der neuen Begeisterung für Fabriklandschaften. Die Verlegung von Arbeitsplätzen ins Ausland hat die Industriebranche Japans in den letzten 10 Jahren um 21 Prozent auf 126’500 Fabriken schrumpfen lassen. Insofern verkörpern die Industriekomplexe, Japans erfolgreiche Tage der Hochwachstumsphase. Eine Zeit, die eine ganze Generation von jungen Japanern nie erlebt hat.
Inspiriert wurde die Stadt Kawasaki vom Bestseller Kojo Moe (Fabrik-Liebe) des 43-jährigen Fotografen und Illustrators Tetsu Ishii. Im Fotoband werden zahlreiche Industrielandschaften Japans porträtiert. Ishii erklärt die Schönheit der Fabriken mit ihrer Funktionalität. Jedes Detail habe seinen Zweck. Die äussere Erscheinung trete hier vollkommen in den Hintergrund. «So etwas sieht man bei keinem anderen Bauwerk», sagt Ishii in der Japan Times.
Blade Runner als Inspiration
Ishii hat den Industrie-Chic ins Leben gerufen. Über das soziale Netzwerk Mixi leitet der Illustrator eine Gruppe von 25’000 Fabrik-Liebhabern. Inspiriert habe ihn der amerikanische Film Blade Runner aus dem Jahr 1982, der in einem finsteren futuristischen Los Angeles spielt: «Ich war fasziniert von dieser metallenen Stadtlandschaft, die mir wunderschön erschienen.»
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