Gespaltene Schuhe
Tabi nennen sich die japanischen Socken, bei denen der grosse Zeh von den restlichen Zehen getrennt ist. Aus diesem Grund werden die knöchelhohen Tragstoffe im Deutschen gerne als Zehensocken bezeichnet. Erfunden wurden die Tabi zur Nutzung der sogenannten Geta oder Zori. Weil diese traditionellen japanischen Schuhwerke aus zwei Riemen bestehen, die zwischen dem ersten und dem zweiten Zeh hindurchlaufen, mussten auch die Socken entsprechend geschneidert werden.
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Während Tabi und Geta einzig noch zu japanischen Traditionskleidern wie dem Kimono getragen werden, sind die aus robusteren Sohlen hergestellten Jika-Tabi noch heute unter Handerwerkern, Bauarbeitern oder Gärtnern rege in Gebrauch. Erfinder dieser einzigartigen Arbeiterschuhe war Shojiro Ishibashi, der Gründer des heutigen Reifenherstellers Bridgestone.
Obwohl es von den Jika-Tabi heutzutage moderne Versionen mit unbiegsamen Sohlen und schützenden Stahlkappen für die Zehen gibt, bevorzugen immer noch viele Arbeiter die Urversion, die Ishibashi Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt hatte. Denn gerade auf Baugerüsten ist ein gutes Fussgefühl manchmal lebenswichtig.
Vom Arbeiter- zum Marathonschuh
Die 1949 gegründete japanische Schuhmarke Onitsuka entdeckte schliesslich die Vorteile des Jika-Tabi für das Laufen. So entwickelte sie unter der Ägide von Gründer Kihachiro Onitsuka 1953 den Marathon Tabi, den ersten Zehenschuh für Langstreckenläufer. Dieser Klassiker erlebt inzwischen ein Revival. Der Okatabi MT aus einem Schaft aus Wildleder und platten Gummisohlen soll eine neue Generation von Zehenliebhabern und Barfüssern begeistern.
Diese Neuerfindung in einer limitierten Auflage von 560 Paar Schuhen, ist jedoch weniger fürs Rennen als für den normalen, modischen Stadtspaziergang gedacht. «Die Kunden sind überrascht, wie leicht sich diese anfühlen. Es ist so, als würde man Socken tragen», erklärt Akiko Suzuki vom Sportausrüster ASICS, dem Mutterhaus von Onitsuka, gegenüber der Asahi Shimbun.
Der Socken mit fünf Zehen
Aus dem Zehensocken entstand schliesslich auch die Idee eines Fünfzehensockens. In den 70er-Jahren und noch einmal in den 90er-Jahren genossen diese modischen Kreationen regelrechte Boomphasen. Heute sind die Fünfzehensocken in jedem grösseren Modeladen in Japan erhältlich. Ihre Träger verweisen auf ein besseres Fussgefühl und den Vorteil, dass sich mit getrennten Zehen Fusspilz besser verhindern lasse.
Das neue Barfussgefühl
Die Zehenkreativität macht dabei nicht nur in Japan halt. Auch die italienische Firma Vibram liess sich von den Tabi und Fünfzehensocken inspirieren. Aus den Tabi und den Fünfzehensocken entwickelte die italienische Firma Vibram die sogenannten Fivefingers, Fünfzehen-Schuhe für den sportlichen Gebrauch. Das Time Magazin kürte diese Schuhkreation zu den besten Erfindungen des Jahres 2007. Die japanische Firma MK Corp entwickelte derweil mit dem Globe einen ähnlichen Schuh für Spaziergänger.
Die Schuhinspirationen aus Japan setzen auf den Boom des Minimalist Running, bei dem das Barfussgefühl im Vordergrund steht: Kein Gewicht, kein aufwendig strukturierter Schaft, keine Fersenkissen und möglichst viel Flexibilität für die Füsse. Der Fuss soll wieder selber arbeiten. Keine einfache Aufgabe für die Generationen, deren Zehen und Fersen über Jahrzehnte mit Luftkissenpolster und dicken Sohlen verwöhnt wurden.
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