Taiwans atomare Sorgen
Mehrere Dutzend Gruppen, von der Oppositionspartei über Umweltverbände bis zur taiwanischen Lehrer-Vereinigung, zogen am Sonntagnachmittag in einem Protestzug von der Chiang Kai-Shek Gedenkhalle vors Parlament. Sie riefen: «Wir wollen Kinder, kein Atom» — ein Wortspiel, das sich auf Chinesisch reimt. Die rund 2000 Demonstranten fordern von der Regierung, die Laufzeit der bereits existierenden Atomkraftwerke nicht zu verlängern und den Bau des vierten Werkes zu stoppen.
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Auch die Oppositionspartei DPP war vertreten. Zuvorderst marschierte der ehemalige Premierminister Su Tseng-chang mit, der als potentieller DPP-Kandidat für die Präsidentenwahl 2012 gehandelt wird. Su sagte gegenüber Asienspiegel, wenn ein solcher Unfall sogar in einem Land wie Japan passieren könne, wo es strengste Sicherheitsvorkehrungen gebe, dann müsse Taiwan erst Recht viel vorsichtiger sein. In vielen Bereichen könne Taiwan nicht mit dem Niveau der Japaner mithalten. Neben Su war auch Frank Hsie dabei, ebenfalls Ex-Premierminister der DPP. Die beiden Politiker kandidierten zusammen in der Präsidentenwahl vor drei Jahren, verloren aber gegen den jetzigen Präsidenten Ma Ying-jeou.
Gegen eine Politisierung der Kundgebung demonstrierte eine Gruppe Studenten, die hinter den DPP-Anhängern marschierte. Ein Student mit Nachnamen Wang sagte, er freue sich zwar über die Teilnahme der Politiker, hoffe aber, dass sie im Falle einer Wahl auch entsprechend handeln würden. Wang erinnerte an die DPP, die ihre Anti-Atom-Politik aufgrund des Drucks der damaligen Oppositionspartei Kuomintang aufgab.
Regierung will abwarten
Präsident Ma Ying-jeou sagte bereits vergangene Woche, Taiwan werde seine Energiepolitik nicht einfach so ändern, berichtet die taiwanische Nachrichtenagentur CNA. Man werde die Atomkraftwerke jedoch einer strengen Sicherheitsprüfung unterziehen, versprach Ma. Wirtschaftsminister Shih Yen-shiang erklärte im Parlament, dass die Regierung den Bau des vierten Atomkraftwerks nicht stoppen werde und die Kommission für staatliche Unternehmen warnte vor wirtschaftlichen Konsequenzen. Falls man die drei bestehenden Atomkraftwerke vom Netz nehmen würde, wäre ein Viertel der Unternehmen ohne Strom.
Taiwans Stromkonzern Taipower sagte auf einer Pressekonferenz am Montag, die drei Atomkraftwerke seien auf einem höheren Stand als das Werk im japanischen Fukushima. Ausserdem befänden sich alle mindestens 22 Meter über Meer. Ein Tsunami könne ihnen folglich nichts anhaben. Die Laufzeit von Taiwans erstem Atomkraftwerk endet 2017, fast vier Jahrzehnte nach dessen Inbetriebnahme. Das vierte Atomkraftwerk soll gemäss den Behörden nächstes Jahr fertig sein. Taiwan bezieht 20 Prozent seines Stroms aus der Atomenergie.
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