Sich selbst überlassen (Update)
Als die Bewohner der 20-Kilometer-Sperrzone um das havarierte Kernkraftwerk Fukushima am 12. März Hals über Kopf ihre Häuser verlassen mussten, überliessen sie die Haus- und Landwirtschaftstiere ihrem Schicksal. Gemäss dem Landwirtschaftsministerium vegetieren heute noch rund 31’486 Schweine, 633’000 Hühner und 3’385 Rinder in ihren Ställen regelrecht dahin. Über 300 Landwirtschaftsbetriebe sind von der Evakuierung betroffen.
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Ein Team von Rocket News 24 besuchte am 11. April eine Rinderfarm in der Stadt Namie, nur 10 Kilometer vom AKW Fukushima 1 entfernt. Sie trafen dort auf Rinder, die bereits verdurstet oder verhungert waren oder verzweifelt um ihr Leben kämpften. Die tragischen Bilder nahm das Reporterteam auf Video auf. Die Asahi Shimbun nimmt an, dass bereits der Grossteil der zurückgelassenen Tiere verendet ist.
Bereits der japanische Journalist Tetsuo Jimbo traf bei seiner Autofahrt zum havarierten AKW auf streunende Hünde und verlassene Rinder (Asienspiegel berichete). Es handelt sich nach dem Erdbeben, dem Tsunami und dem Reaktorunfall um eine vierte praktisch unbemerkt ablaufende Katastrophe.
Keine Zeit für Hilfsaktionen
Obwohl die Regierung seit dieser Woche das Betreten der Sperrzone offiziell untersagt hat, harren noch immer rund 40 Menschen in ihren Häusern aus. Darunter sind viele Bauern, die ihr Vieh nicht zurücklassen wollen. Andere verliessen ihre Notunterkünfte, um sich ab und an um ihre Tiere im Sperrgebiet zu kümmern. Dies ist nun nicht mehr möglich, ausser man nimmt eine Strafe in Kauf.
Der Regierung sind derweil die Hände gebunden. Viele Bauern haben die Behörden gebeten, ihre Tiere zumindest einzuschläfern. Doch die Präfekturregierung hat abgelehnt. Zu gefährlich sei es, um ihre Leute in das Sperrgebiet zu entsenden. Und auch die Armee hat keine Zeit, um sich den Tieren zu widmen. Ihre Hauptaufgabe ist es, die vermissten Personen im Sperrgebiet ausfindig zu machen, wie die Yomiuri Shimbun berichtet.
Entschädigungszahlungen angekündigt
So ist der Regierung einzig das Versprechen geblieben, die Bauern vollumfänglich für ihren Verlust zu entschädigen. Das Landwirtschaftsministerium ist laut der Asahi Shimbun von der Regierung beauftragt worden, eine erste Schätzung der Schadenssumme aufzunehmen. Die Regierung selbst und der Reaktorbetreiber Tepco werden für die Entschädigungszahlungen aufkommen müssen.
Update, 25. April 2011
Die Behörden haben entschieden, die Landwirtschaftstiere aus hygienischen Gründen notzuschlachten, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtet. Es würden nur die Tiere getötet, die bereits stark am Verhungern seien. Ausserdem werde von jedem Bauern die Einwilligung eingeholt.
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