Stehen Sie auf Männer oder Frauen?
Der ehemalige DPP-Parteivorsitzende und bekannte Demokratieaktivist Shi Ming-teh wollte von der DPP-Politikerin und Anwärterin auf die Präsidentschaftskandidatur Tsai Ing-Wen öffentlich wissen, ob sie hetero- oder homosexuell sei. Shi sagte gegenüber taiwanischen Medien, ein Präsidentschaftskandidat müsse über seine sexuelle Orientierung sprechen, damit die Wähler wüssten, mit wem sie es zu tun hätten.
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Tsai weigerte sich, auf Shi Ming-tehs Frage einzugehen. Sie würde sich sonst zur Komplizin der sexuellen Unterdrückung machen, sagte sie laut der taiwanischen Nachrichtenagentur CNA. Man könne von niemandem ein Coming-out erzwingen, so Tsai weiter. Die 54-jährige Anwärterin auf die Präsidentschaftskandidatur 2012 ist ledig, auch sind in der Öffentlichkeit keine Beziehungen von ihr bekannt.
Homosexuellen- und Frauenorganisationen reagierten empört auf Shis Forderung. Die sexuelle Orientierung sei Privatsache, es liege an jedem einzelnen zu entscheiden, ob er oder sie diese in der Öffentlichkeit preisgeben wolle. Unterstützung erhielt Tsai auch von ihrem parteiinternen Gegner Su Tseng-chang, der Shis Forderungen als vollkommen fehl am Platz bezeichnete.
Spekulationen in den taiwanischen Medien
Taiwans Medien räumten Shis Forderungen in ihrer Berichterstattung dennoch viel Raum ein. So veranstaltete der beliebte Taipeher Radiosender UFO eine Call-In Sendung, in der die Hörer gefragt wurden, wie sie Tsais Sexualität einschätzten. Der der Opposition politisch nahestehende TV-Sender San-li, strahlte einen Beitrag aus in dem die weibliche Seite von Tsai hervorgehoben wurde. Tsai würde ab und zu für Familienangehörige kochen und hätte auch schon mal einen Mann geliebt, so der Beitrag. Stereotype Rollen seien in der taiwanischen Gesellschaft nach wie vor tief verankert, sagte Geschlechterforscherin Chen Yiqian gegenüber dem Radiosender RTI. Wer diesem Bild nicht entspreche, werde von der Gesellschaft in Frage gestellt.
So wurde Präsident Ma Ying-jeou der Regierungspartei Kuomintang (KMT) schon mehrmals als zu wenig männlich bezeichnet. Vor zwei Jahren spekulierten einige taiwanische Medien, dass er ein Verhältnis mit einem ehemaligen Radiomoderator gehabt habe. Dies nachdem Mas Vorgänger, Chen Shui-bian gesagt hatte, er wisse von einer DVD, die die beiden beim Sex zeigte. Die Vorwürfe konnten jedoch nicht bewiesen werden.
Toleranz gegenüber Homosexualität
Trotz politischer Schlammschlachten in denen Homosexualität als Vorwurf herhalten musste, gilt Taiwan als eines der tolerantesten asiatischen Länder gegenüber Schwulen und Lesben. So lobt Geschlechterforscherin Chen Yiqian die Einführung eines Gesetzes, nach dem Homosexualität auch im Schulunterricht thematisiert werden soll. Im vergangenen Jahr nahmen ausserdem rund 30’000 Menschen an der Gay-Pride-Parade in Taipeh teil – der grössten Kundgebung von Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen in Asien.
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