Der lukrative Organhandel
Der 55-jährige Arzt Toshinobu Horiuchi, Direktor einer Klinik in Tokio, benötigte dringend eine neue Niere. Mehrmals in der Woche musste er ans Dialysegerät – in Japan wartet man jahrelang und manchmal vergeblich auf einen Spender. Der Versuch, in den Philippinen an eine Niere zu gelangen, scheiterte.
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In seiner Verzweiflung wandte sich Doktor Horiuchi an den 50-jährigen Kazuhisa Takino, ein langjähriges Mitglied der berüchtigten Yakuza-Gruppierung Sumiyoshikai. Dieser versprach ihm einen Spender aufzutreiben. 10 Millionen Yen (rund 86’000 Euro) kostete Horiuchi dieser Dienst. Takino wurde schnell fündig. Der ehemalige 48-jährige Verbrecher Fumihiko Sakagami zeigte sich bereit, seine Niere zu spenden. Dafür gab es jedoch noch einige administrative Hürden zu überwinden.
Denn auch Japan kennt strikte Regeln, wenn es um Organtransplantationen geht. Demnach ist jegliche Form von Handel mit Organen verboten. Ausserdem ist eine Organspende einer noch lebenden Person grundsätzlich nur unter Familienmitgliedern erlaubt. Aus diesem Grund musste Horiuchi unter Angabe falscher Tatsachen seinen 7 Jahre jüngeren Spender adoptieren. Die beiden vereinbarten, die Zweckverbindung nach der Operation sofort wieder zu aufzulösen.
Der Streit in letzter Minute
Alles war vorbereitet. Die Transplantation stand im Mai 2010 kurz bevor. Doch dann verlangte der Yakuza-Vermittler Takino zusätzliche 10 Millionen Yen. Die Familie Horiuchi war nicht einverstanden damit. Es kam zu einem Streit. Die Operation wurde in letzter Minute abgeblasen. Die Adoptionspapiere aufgelöst, wie die Chugoku Shimbun berichtet.
Horiuchi wandte sich kurz darauf an eine andere Verbrecherbande. Diese besorgte ihm einen 21-jährigen Spender. Erneut wurden Adoptionspapiere ausgefüllt und die Operation im Juli 2010 durchgeführt. Dieses Mal klappte alles. Doch nun hat den genesenen Horiuchi die Vergangenheit eingeholt.
Grosse Verhaftungswelle
Die Polizei hat Horichui, Takino, deren beiden Frauen sowie den vermeintlichen Spender Sakagami letzte Woche verhaftet. Die Behörden kamen der Sache laut der Mainichi Shimbun auf die Spur, als die Horiuchis nach dem Streit mit Takino bei der Polizei um Rat gesucht hatte.
Alle 5 Personen haben die Vorwürfe grundsätzlich bestätigt. Es handelt sich um den ersten aufgedeckten Fall von Organhandel in Japan. Die Polizei hat nun auch Ermittlungen gegen die Personen im zweiten Fall von Organhandel eingeleitet. Das betreffende Krankenhaus betont, nichts von den dunklen Hintergründen gewusst zu haben.
Zu wenig Organspender in Japan
Der Skandal hat in den japanischen Medien ein grosses Echo ausgelöst. Ein Medizinexperte spricht in der Mainichi Shimbun von der «schlimmsten vorstellbaren Entwicklung». Es sei der Beweis dafür, dass auch noch so strenge Regelungen zur Organtransplantation umgangen werden können.
Für die Yakuza ist diese gesetzliche Grauzone ein attraktives Geschäft. Zumeist werden bei Kredithaien hoch verschuldete Personen zum Organgeschäft gezwungen. Derweil gehören betrügerische Adoptionen und Hochzeiten zu einem alt bekannten Geschäft der japanischen Verbrecherbanden.
Bis zu 14 Jahren Wartezeit
Wie im Westen mangelt es auch in Japan an Organspendern. Gemäss Japan Organ Transplant Network warteten in Japan bis Ende Mai 12’140 Menschen auf eine Nieren-Transplantation. Letztes Jahr wurden aber lediglich 186 solcher Operationen durchgeführt. Bis zu 14 Jahren müssen Patienten in Japan warten.
Zumeist ist die einzige Rettung ein spendewilliges Familienmitglied. Denn nur in Ausnahmefällen darf ein nicht verwandtes Mitglied eine Niere spenden. Ganz allgemein finden laut der Yomiuri Shimbun in Japan viel weniger Transplantationen von Organen statt, die von Toten entnommen wurden.
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