«Eine unver­heil­te Wunde»

Erinnerung an Tiananmen: Studenten mit Transparent «Vergesst 64 nicht».
Erin­ne­rung an Tia­nan­men: Stu­den­ten mit Trans­pa­rent «Ver­gesst 64 nicht». flickr/​coolloud

Was in Fest­land­chi­na undenk­bar ist, fand am 4. Juni in Tai­pei statt: Eine öffent­li­che Gedenk­ver­an­stal­tung für die Opfer des Tia­nan­men-Mas­sa­kers vor 22 Jah­ren. Wäh­rend die chi­ne­si­schen Behör­den im Vor­feld des Jah­res­ta­ges Regime­kri­ti­ker fest­nah­men, rie­fen die Stu­den­ten in Tai­pei «Free Chi­na» und pran­ger­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen an.

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Sie ste­hen unter dem Tor des Frei­heits­plat­zes in Tai­pei. 22 Jah­re nach den Ereig­nis­sen in Peking geden­ken tai­wa­ni­sche Stu­den­ten den Opfern des Tia­nan­men-Mas­sa­kers, deren Ange­hö­ri­ge bis heu­te auf eine offi­zi­el­le Ent­schul­di­gung und Ent­schä­di­gung warten.

«Ver­gesst 64 nicht», vier rote chi­ne­si­sche Zei­chen sind auf das weis­se Trans­pa­rent gemalt, das Demo­kra­tie­ak­ti­vis­ten auf der Büh­ne hoch­hal­ten. Die Zah­len­kom­bi­na­ti­on 64 ist im Chi­ne­si­schen inzwi­schen ein Syn­onym für die Ereig­nis­se vom 4. Juni 1989, als die chi­ne­si­sche Regie­rung Stu­den­ten­pro­tes­te auf dem Platz des himm­li­schen Frie­dens in Peking blu­tig niederschlug.

«Die dun­kels­te Nacht»

Demokratieaktivist Wang Dan
Demo­kra­tie­ak­ti­vist Wang Dan wikimedia/​VCA Photo

Die Stu­den­ten in Tai­pei sind bis auf ein rotes Stirn­band ganz in schwarz geklei­det, sie zün­den weis­se Ker­zen an und geden­ken wäh­rend einer Schwei­ge­mi­nu­te den Opfern. Zwi­schen Auf­trit­ten von tai­wa­ni­schen Musi­kern gibt es Anspra­chen der Teil­neh­mer. Der wohl pro­mi­nen­tes­te unter ihnen heisst Wang Dan. Der Demo­kra­tie­ak­ti­vist war einer der Anfüh­rer der Stu­den­ten­pro­tes­te auf dem Tia­nan­men-Platz. Inzwi­schen lebt er im Exil in den USA und Taiwan.

«Heu­te vor 22 Jah­ren war die dun­kels­te Nacht in der chi­ne­si­schen Geschich­te, eine Wun­de, die bis heu­te nicht geheilt ist», sagt Wang in sei­ner Rede. Mit der heu­ti­gen Ver­an­stal­tung in Tai­pei zeig­ten die Teil­neh­mer, dass sich Tai­wan nicht nur für die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung Chi­nas interessiere.

Nach sei­ner Anspra­che sagt Wang zu Asi­en­spie­gel, er habe auf ein kur­zes Erschei­nen von Tai­wans Prä­si­den­ten Ma Ying-jeou gehofft: «Ich ver­ste­he, dass ein Prä­si­dent viel zu tun hat, aber 5 oder 10 Minu­ten hät­ten doch gereicht.» Ein Auf­tritt von Tai­wans Prä­si­den­ten hät­te der Ver­an­stal­tung mehr Gewicht ver­lie­hen, ist Wang Dan überzeugt.

Statt­des­sen beschränk­te sich Ma Ying-jeou auf ein Kom­mu­ni­qué, in dem er Chi­na zu poli­ti­schen Refor­men und zur Frei­las­sung von Regime­kri­ti­kern, wie den Künst­ler Ai Wei­wei und Nobel­preis­trä­ger Liu Xiao­bo aufrief.

Viel weni­ger Teil­neh­mer als in Hongkong

Wäh­rend zeit­gleich in Hong­kong rund 100’000 Men­schen an einer Kund­ge­bung zum Tia­nan­men-Jah­res­tag teil­neh­men, sind es in Tai­pei gera­de mal ein paar hun­dert, die auf roten Plas­tik­stüh­len vor der Büh­ne sit­zen. Den­noch sagt Wang Dan, sei er nicht ent­täuscht. Im Gegen­teil er sei berührt dar­über wie sich die Teil­neh­mer in Tai­pei um die Demo­kra­tie in Chi­na sorgten.

Dass das Inter­es­se an Tia­nan­men­kund­ge­bun­gen in Tai­wan nicht so stark ist, wie in Hong­kong, liegt womög­lich an Tai­wans poli­ti­scher Situa­ti­on. Aus­tausch­stu­dent Lu Lian aus Hong­kong, hilft bei der Orga­ni­sa­ti­on der Gedenk­ver­an­stal­tung in Tai­pei. Er sagt, dass er sich bei aller Kri­tik an der Volks­re­pu­blik Chi­na, den­noch als Chi­ne­se iden­ti­fi­zie­re. Poli­tik­stu­dent Lin Fei­fan aus Tai­wan dage­gen sagt, dass Tai­wan für ihn ein unab­hän­gi­ges Land sei. Die Tra­gö­die vom 4. Juni 1989 sei für vie­le Tai­wa­ner eben etwas, das sich in einem ande­ren Land ereignete.

Am Schluss der Ver­an­stal­tung ergreift Wang Dan noch­mals das Mikro­fon und singt zusam­men mit den Stu­den­ten «Wun­de der Geschich­te». Es ist das­sel­be Lied mit dem sich vor 22 Jah­ren Pro­mi­nen­te aus Tai­wan und Hong­kong mit den Opfern in Chi­na solidarisierten.

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