Der verarmte Salaryman
Für die japanischen Männer gibt es immer weniger zu lachen. Die finanziell schwierigen Zeiten und die Deflation machen sich in ihren Portemonnaies bemerkbar. Ihr Taschengeld ist so tief wie seit 3 Jahrzehnten nicht mehr. Dies hat eine Studie des Finanzinstituts Shinsei Financial ergeben. Gerade noch durchschnittlich 36’500 Yen (310 Euro) erhalten sie pro Monat von ihren Ehefrauen, die traditionellerweise in Japan über die finanziellen Geschicke eines Haushaltes entscheiden.
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Das bedeutet, dass einem Japaner noch rund 1210 Yen (10 Euro) pro Tag zur Verfügung stehen. Durchschnittlich 490 Yen (4 Euro) davon werden fürs Mittagessen aufgewendet. Das reicht kaum noch knapp für ein Fastfood-Menü aus.
Kein Vergleich zu den Boomzeiten
Die Tendenz ist seit 4 Jahren sinkend. Kurz vor dem Platzen der Wirtschaftsblase, im Jahr 1989, verfügten die japanischen Männer noch über stolze 76’000 Yen pro Monat (650 Euro). Das ist mehr als doppelt so viel wie heute. Zum Taschengeld gehören gemäss der Studie von Shinsei Financial Ausgaben wie das Mittagessen, das Feierabendbier, aber auch Handy-, Bücher und Kleiderkosten, sowie die Aufwände für das eigene Hobby.
Der Versicherer Dai-Ichi-Life kam bereits Anfang Jahr auf ähnliche Zahlen. Demnach mussten die Männer in den letzten 10 Jahren beim Taschengeld eine Einbusse von monatlich 4000 Yen (34 Euro) hinnehmen. Interessanterweise verfügt die Ehefrau noch immer über gleich viel Taschengeld wie vor 10 Jahren. Mit durchschnittlich 22’000 Yen (187 Euro) pro Monat liegt der Betrag aber auch einiges tiefer als beim Mann.
Gefährliche Entwicklung
Für die Wirtschaft hat diese Entwicklung gravierende Konsequenzen. Anstatt am Mittag üppig in ein Restaurant essen zu gehen, genehmigen sich die Salarymen von heute immer häufiger eine Lunchbox von zu Hause.
Das abendliche Feierabendbier kombiniert mit den Arbeitskollegen kann sich Mann auch nicht mehr regelmässig leisten. Das tut insofern weh, da gerade dieses Jahr durch die bei zahlreichen Unternehmen eingeführte Sommerzeit (Asienspiegel berichtete) und die gleichzeitige Streichung von Überstunden fürs Feierabendbier so viel Zeit wie kaum zuvor bestehen würde.
O tsukiai, die in Japan so wichtigen gesellschaftliche Beziehungen, bleiben somit auf der Strecke. Hinzu kommt, dass viele Männer aus Angst vor ausfallenden Renten in den nächsten Jahrzehnten zusätzlich Geld als Vorsorge auf die Seite legen.
Kritik am Taschengeld-System
Inzwischen gibt es auch Kritiker eines strengen Haushaltsregimes. Finanzplanerin und Autorin Yoko Hanawa vertritt die Meinung, dass ein knapp berechnetes Taschengeld für den Ehemann gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf lange Sicht dem Familienbudget eher schadet.
Denn werde ein Ehemann wegen eines schmalen Budgets im gesellschaftlichen Alltag zauderhaft, schlage sich dies auch negativ auf seinen Karriereverlauf nieder, erklärt Hanawa J-Cast News. Man könne so auch nicht erwarten, dass die so wichtigen persönlichen Beziehungen, auf die man in schwierigen Zeiten zurückgreift, ausserhalb der Arbeitszeiten gepflegt werden können.
«Kann sich der Ehemann nicht das Buch kaufen, das er möchte, kann er sich nicht weiterbilden. Sein geistiger Horizont engt sich ein», warnt die Finanzexpertin weiter. Für Hanawa wäre ein grosszügiges Taschengeld in diesem Sinne eine wichtige Investition für die Familie, denn: «Mit einem geringen Taschengeld macht die Frau ihren Mann womöglich zu einem Entlassungskandidaten.»
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