Chi­nas Rockstar

Puma Mimi ist die Sän­ge­rin der japa­nisch-schwei­ze­ri­schen Elek­tro­pop-Band Tim & Puma Mimi. Für Asi­en­spie­gel schreibt sie über japa­ni­sche Bands, Events und Kunst. Puma Mimi führt uns in eine Kul­tur Japans, die jung und ange­sagt und in Euro­pa kaum bekannt ist.

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Vielseitige Künstlerin: Die Sino-Amerikanerin Helen Feng.
Viel­sei­ti­ge Künst­le­rin: Die Sino-Ame­ri­ka­ne­rin Helen Feng. Foto: Phil­ipp Grefer

Letz­ten Monat waren Tim & Puma Mimi an der Lethar­gy in der Roten Fabrik. Hier wird am Stre­et­pa­ra­de-Wochen­en­de wäh­rend 3 Näch­ten gefei­ert. Die­ses Jahr gab es den neu­en Floor Chi­na Drif­ting. Mit dabei waren zahl­rei­che Musi­ker aus Chi­na und auch Tim & Puma Mimi. Ich bin zwar nicht aus Chi­na, aber immer­hin aus dem Fer­nen Osten.

An der Lethar­gy habe ich die beein­dru­cken­de Musi­ke­rin Helen Feng ken­nen­ge­lernt. Die in Peking leben­de Sino-Ame­ri­ka­ne­rin ist die Sän­ge­rin von Nova Heart und Free the Birds, eine Fern­seh- und Radio­per­sön­lich­keit und 2010 VOM TIME OUT BEI­JING MAGA­ZI­NE ZU EINEM DER COOLS­TEN CHI­NE­SI­SCHEN ROCK­STARS GEKÜRT. Helen ist nicht nur eine Sän­ge­rin, son­dern auch eine umtrie­bi­ge Musikveranstalterin.

Für ihre Show auf MTV Chi­na war Helen Feng an der Lethar­gy, wo sie über die Schwei­zer Musik­sze­ne inklu­si­ve Tim & Puma Mimi berich­te­te. Mit ihrer Band Nova Heart trat sie dann gleich noch selbst auf. Es ist höchs­te Zeit, dass Helen Feng einem deutsch­spra­chi­gen Publi­kum näher gebracht wird. Dafür habe ich mich mit ihr unterhalten.

NOVA HEART

Kaffee, Laptop und Gitarre: Helen Feng bei der Arbeit.
Kaf­fee, Lap­top und Gitar­re: Helen Feng bei der Arbeit. Foto: Phil­ipp Grefer

Helens neus­tes Pro­jekt ist Nova Heart, die gleich nach uns an der Lethar­gy auf­tra­ten. Per Zufall kam sie auf die Band. «Letz­ten Som­mer erlitt ich an einem Kon­zert mit mei­ner ehe­ma­li­gen Band Pet Con­spi­ra­cy nach einem Sta­ge­di­ve einen Seh­nen­riss im Knie», erzählt Helen. «Ich konn­te mich nur noch im Roll­stuhl oder an Krü­cken fort­be­we­gen. Hin­zu kam, dass ich im 6. Stock eines Wohn­ge­bäu­des ohne Lift leb­te. Zu Hau­se gefan­gen begann ich anhand von Gara­ge­band auf mei­nem Lap­top Songs zu schreiben.»

ALS SIE SICH VON IHRER VER­LET­ZUNG ERHOL­TE, MERK­TE SIE, DASS SIE GENUG MUSIK FÜR EIN GAN­ZES ALBUM GESCHRIE­BEN HAT­TE. Auf der Suche nach einem Pro­du­zen­ten stiess sie auf den Ita­lie­ner Edo Rodi­on. «Ich begeg­ne­te Edo zufäl­lig, als ich mich in Istan­bul von einer Tour erhol­te. Wir kamen sofort mit­ein­an­der klar.»

Spä­ter kamen noch Bas­sist Bo Xian und der Gitar­ren­spie­ler Wang Zon Can hin­zu, «um dem Syn­th­pop und der Ita­lo-Dis­co ein rocki­ge­res Gefühl zu geben.» Sie nann­ten ihr Pro­jekt Nova Heart, «weil es für uns alle ein Neu­an­fang war». Ein Album, mit den Songs, die Helen auf ihrem Bett schrieb, wird bis Ende Jahr folgen.

FAKE MUSIC MEDIA

Das ist aber nicht alles. Helen Feng grün­de­te zusam­men mit dem Deut­schen Phil­ipp Gre­fer die Fir­ma Fake Music Media (FMM), mit dem sie den kul­tu­rel­len Aus­tausch zwi­schen Chi­na und Euro­pa för­dert. So brach­ten sie letz­tes Jahr Bands wie Jah­coo­zi und Pich­tu­ner ins Reich der Mit­te. «Wir beschrän­ken uns aber nicht nur dar­auf», betont Helen. Mit FMM decken alle Bedürf­nis­se ab, die eine Band hat, ab. Und wenn es ihnen lang­wei­lig wird, orga­ni­sie­ren sie auch Partys.

Doch was ist eigent­lich Fake an die­ser gan­zen Sache? «Wir dach­ten ein­fach, dass es so vie­le gefälsch­te Sachen in Chi­na hat. Wir ver­ab­scheu­ten die Idee einer vor­ge­fer­tig­ten Pro­mo­ti­ons- oder Manage­ment­fir­ma. Viel lie­ber woll­ten wir etwas erschaf­fen, das die Neu­gier der Men­schen anregt.» Mit Fake Music Media bringt Helen Feng einen neu­en Blick­win­kel in die chi­ne­si­sche Indie-Musik­sze­ne, die ihrer Mei­nung nach gera­de «die typi­schen Anfangs­schwie­rig­kei­ten» durch­macht. «DIE INDIE­SZE­NE IN CHI­NA LÖST SICH VON IHREN WEST­LI­CHEN VOR­BIL­DERN», erklärt Helen. «Im Moment sind alle auf der Suche nach der eige­nen Per­sön­lich­keit und ein­zig­ar­ti­gen Identität.»

Gera­de hier spielt FMM eine wich­ti­ge Rol­le. «Es geht dar­um, die­se Kul­tur auf­zu­bau­en, und nicht nur ein­fach her­um­zu­schie­ben. Denn es gibt noch viel Platz für Kul­tur hier und einen gros­sen Man­gel davon in China.»

MTV CHI­NA IN ZÜRICH

Helen Feng.
Helen Feng. Foto: Phil­ipp Grefer

Mit Fake Music Media pro­du­ziert Helen Feng auch eine Show auf MTV Chi­na, die sich mit den Indie­sze­nen der Welt befasst. «Wir geben unse­ren Zuschau­ern einen Geschmack für die Musik­sze­nen auf die­sem Pla­ne­ten. Nicht der ein­fach zugäng­li­che Main­stream, son­dern der Under­ground und ande­res Inter­es­san­tes sind hier im Fokus.»

Für die zwei­te Epi­so­de von MTV on Tour kam MTV Chi­na nach Zürich. Dabei mach­ten sie Inter­views mit der Zen-Funk-Band RONIN, Big-Band-Dis­co Kala­bre­se, Phil­ipp Mei­er vom Caba­ret Vol­taire und dem sino-schwei­ze­ri­schen Kul­tur­pro­mo­ter Micha­el Von­plon. Und auch uns, die japa­nisch-schwei­ze­ri­sche Freak-Pop­band Tim & Puma Mimi, stell­te MTV Chi­na vor.

Im Ver­gleich zur chi­ne­si­schen und asia­ti­schen Musik­sze­ne, die stark vom Wes­ten beein­flusst ist, zeig­te sich Helen beein­druckt vom schwei­ze­ri­schen Musik­schaf­fen. «Man sieht, dass die Schwei­zer an allem inter­es­siert sind.» Von der ritu­el­len japa­ni­schen Musik über den ame­ri­ka­ni­schen Blues der 30er-Jah­re bis zur afri­ka­ni­schen Musik und den Sti­len ande­rer euro­päi­scher Län­der. «DAS IST WIE EIN GROS­SER MIXER, DER ALLES VER­MISCHT, WAS ER BERÜHRT. Das ist ziem­lich cool.» Und dies sei auch der wahr­nehm­bars­te Unter­schied zur Musik­sze­ne in China.

DIE INDIE­BE­ZIE­HUNG ZU JAPAN

Nova Heart an der Lethargy in Zürich.
Nova Heart an der Lethar­gy in Zürich.

Wir Ihr viel­leicht wisst, sind Chi­na und Japan poli­tisch nicht die bes­ten Freun­de. «Die Geschich­te zwi­schen Japan und Chi­na ist sehr kom­plex. Vie­le nega­ti­ve Gefüh­le wer­den durch einen Man­gel an Auf­ar­bei­tung der gemein­sa­men Ver­gan­gen­heit und durch die poli­ti­schen Füh­run­gen pro­vo­ziert. Bei­de Regie­run­gen ver­su­chen ihre Bevöl­ke­run­gen damit abzu­len­ken, um ihre eige­nen Schwä­chen zu über­de­cken», ana­ly­siert Helen Feng die aktu­el­le poli­ti­sche Situa­ti­on in Ost­asi­en. «Die Span­nun­gen rüh­ren heu­te von der kon­ser­va­ti­ven Sei­te des japa­ni­schen Polit­sys­tems und dem Macht­spiel unter den chi­ne­si­schen Politikern.»

Für die jun­ge Gene­ra­ti­on spie­le dies aber kei­ne Rol­le, meint Helen. «ICH GLAU­BE, DASS DIE JUN­GEN CHI­NE­SEN EINE GROS­SE BEWUN­DE­RUNG FÜR JAPANS KUL­TU­REL­LE OFFEN­HEIT, KUNST, MUSIK UND MODE HEGEN.» Letz­tes Jahr trat Mono, ein expe­ri­men­tel­les Rock­or­ches­ter aus Japan, auf der Haupt­büh­ne des Modern Sky Fes­ti­vals auf. Und auch eini­ge japa­ni­sche DJs, wenn auch noch nicht so vie­le, tou­ren in Chi­na. Helen glaubt, dass hier nicht poli­ti­sche Pro­ble­me, son­dern der ein­ge­schränk­te Fokus der chi­ne­si­schen Indie­sze­ne auf die USA und Gross­bri­tan­ni­en, eine Rol­le spielt. Doch auch dies sei sich im Begriff zu ändern. «Vie­le suchen eine Abwechs­lung von ihrer kla­ren USA- und UK-Ori­en­tie­rung. Nur schon des­halb glau­be ich, dass es noch viel Poten­ti­al für japa­ni­sche Künst­ler gibt.»

In die­sem Zusam­men­hang nennt Helen die deut­sche Band Pitch­tu­ner, die durch Chi­na tour­te. «Wir arbei­te­ten mit Pitch­tu­ner aus Ber­lin zusam­men, die auch ein japa­ni­sches Band­mit­glied haben. Die Band war vor ihren Chi­na-Kon­zer­ten besorgt dar­über, dass es des­we­gen zu nega­ti­ven Reak­tio­nen kom­men könn­te. Aber als sie nach Chi­na kamen, tra­fen sie kein ein­zi­ges Mal auf der­ar­ti­ge Res­sen­ti­ments. Sie waren posi­tiv überrascht.»

TIM & PUMA MIMI IN CHINA

Natür­lich ist auch Tim & Puma Mimi inter­es­siert dar­an, nach Chi­na zu gehen. Des­halb fra­ge ich Helen nach ein paar Tipps. «Sucht euch eine gute Vor­band aus der Regi­on aus. Denn die Fans in Chi­na ver­fol­gen ihre Künst­ler mehr als die Inter­na­tio­na­len. EINE GUTE VOR­BAND KANN VIE­LE TÜREN ÖFF­NEN.» Ein loka­ler Part­ner, der Chi­na kennt und einen dem­entspre­chend rich­tig pro­mo­ten kön­ne, sei eben­so wichtig.

Die Sze­ne sei noch jung, des­halb sol­le man viel Geduld mit­brin­gen, betont Helen wei­ter. «Ver­gesst nicht, Chi­na ist noch ein Land in der Ent­wick­lung. Bleibt posi­tiv, auch wenn es mit dem Sound­tech­ni­ker ein­mal nicht klap­pen soll­te. Bringt am bes­ten euer eige­nes tech­ni­sches Gerät mit.» Und ja, man sol­le sich auch eine chi­ne­si­sche Web­prä­senz auf­bau­en, denn Sei­ten wie You­tube, Face­book oder Tei­le von Mys­pace sind in Chi­na gesperrt.

Nun gut, wir wer­den dei­ne Vor­schlä­ge beher­zi­gen. Man sieht sich in Chi­na, Helen!

Tim & Puma Mimi.
Tim & Puma Mimi.

Tim & Puma Mimi ist eine Elek­tro­pop-Band bestehend aus dem Schwei­zer Pro­du­zen­ten Tim und der japa­ni­schen Sän­ge­rin Puma Mimi.

Seit 2004 kom­po­niert und pro­du­ziert Tim Songs und spielt Key­board, Flö­te sowie selbst gebau­te Instru­men­te. Der Frui­ti­ly­zer, mit dem er Gur­ken elek­tri­fi­ziert, ist ein Mar­ken­zei­chen der Band. Puma Mimi schreibt dazu die Tex­te in ihrer Muttersprache. 

Bis 2009 spiel­ten Tim & Puma Mimi die welt­weit ers­ten Sky­pe-Kon­zer­te: Mimi sang in den Lap­top in der Küche ihrer japa­ni­schen Woh­nung. Bild und Ton wur­den via Sky­pe in ein Kon­zert­lo­kal in Euro­pa über­tra­gen. Da Mimi in Japan sozu­sa­gen kei­ne Feri­en hat­te, war das die ein­zi­ge Mög­lich­keit Kon­zer­te zu spie­len. Die­ses aus­ser­ge­wöhn­li­che Live-Kon­zept fand viel Beach­tung in den Medien.

Bis jetzt haben Tim & Puma Mimi mehr als 150 Kon­zer­te auf der gan­zen Welt gespielt – Sky­pe und «ech­te» Kon­zer­te. Ihr gröss­ten Auf­trit­te hat­ten sie im Womb Tokio 2007, am Paléo Fes­ti­val Nyon 2009, Sonar Fes­ti­val Bar­ce­lo­na 2010 und Mon­treux Jazz Fes­ti­val 2010. 

OFFI­ZI­EL­LE WEB­SITE: www​.tim​pu​ma​.ch

FACE­BOOK: http://​www​.face​book​.com/​p​a​g​e​s​/​T​i​m​-​P​u​m​a​-​M​i​m​i​/​1​2​5​4​1​0​1​5​0​8​2​6​3​3​6​?​r​ef=ts

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