Fussball-Abenteuer Pjöngjang
Erstmals seit 1989 spielte Japan wieder ein WM-Qualifikationsspiel in Pjöngjang gegen Nordkorea. Und ausgerechnet hier ging die Serie von 16 Spielen ohne Niederlage für Trainer Alberto Zacherroni zu Ende.
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Stürmer Pak Nam Chol schoss kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit die 50’000 Zuschauer im Kim Jong-Il Stadion mit einem Kopftor in einen regelrechten Freudentaumel. Auch die spätere rote Karte gegen Mittelfeldspieler Jong Il-Gwan änderte nichts mehr am Resultat.
Sportlich hatte die Begegnung keine Bedeutung mehr, da sich Japan bereits im Vorfeld einen Platz für die nächste entscheidende Qualifikationsrunde gesichert hatte. Doch kulturell war die Reise nach Pjöngjang für die Japaner wahrlich kein alltägliches Erlebnis.
Vier Stunden warten
Bereits die Einreise des japanischen Nationalteams in Nordkorea stellte sich als Geduldsprobe heraus. Geschlagene 4 Stunden wurden sie am Flughafen von Pjöngjang mit Einreiseformalitäten und Gepäckkontrollen aufgehalten, wie die japanischen Medien berichteten.
Gleich 3 Mal kam es am Flughafen zu einem Stromausfall. «Kapitalistische» Güter wie Kaugummi, Instant-Nudeln und Sportzeitungen wurden von den Behörden kurzerhand konfisziert.
Die Beziehung zwischen den beiden Ländern ist von Misstrauen und Ressentiments geprägt. Zum einen bleibt das Schicksal zahlreicher japanischer Entführungsopfer bis heute ungeklärt (Asienspiegel berichtete). Zum anderen verlangt Nordkorea bis heute von Japan eine finanzielle Entschädigung für die begangenen Verbrechen während der Kolonialzeit zwischen 1910 und 1945. Die nordkoreanischen Atombomben- und Raketentests 2006 haben die Beziehungen vollends auf die Probe gestellt.
150 japanische Fans
Obwohl Japan seinen Bürgern von einer Reise nach Nordkorea abrät, wurde für das Spiel eine Ausnahme gemacht. Die Regierung in Tokio gab den Fans das offizielle Einverständnis für einen Abstecher ins Feindesland. Rund 150 Japaner packten die Chance auf ein nicht alltägliches Fussballabenteuer. Der japanische Fussballverband bot hierfür eine komplett organisierte Tour inklusive gechartete Maschine an, denn reguläre Linienflüge zwischen den beiden Ländern gibt es keine. Der Kostenpunkt: rund 300’000 Yen (2900 Euro).
Zusehen mussten die Fans der Blue Samurai schliesslich ganz diskret. Fahnen, Musikinstrumente und das Tragen japanischer Trikots waren verboten. Handy und Kameras mussten sie schon vor dem Abflug nach Nordkorea abgeben. Für die Stimmung im komplett werbefreien Kim-Il-Sung-Stadion waren schliesslich die fast 50’000 nordkoreanischen Zuschauer besorgt.
Nach dem Siegestreffer gab es schliesslich kein Halten mehr, wie die Fernsehaufnahmen des Spiels zeigen. Die japanische Fernsehstation TBS hatte übrigens 2 Kameras zur Verfügung gestellt, um die Qualität der Bilder auch wirklich garantieren zu können (ein Ausschnitt dazu hier).
Kim Jong-il ist überall
Für Trainer Yun Jong-su war nach dem Spiel klar, wer hinter dem Triumph über Japan stand: «Mit dem Willen, den wir unserem Vorsitzenden Kim Jong-il zu verdanken haben, ist uns der heutige Sieg über Japan gelungen.» Den japanischen Fans mochte die Niederlage für einmal recht sein. Fürs Feiern hätte ihnen wohl die Erlaubnis gefehlt.
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