Vergraben und vergessen
Besorgte Einwohner im Tokioter Bezirk Setagaya sind mit eigenen Dosimetern gleich drei Mal innert eines Monats auf Hotspots gestossen (Asienspiegel berichtete). Mit der AKW-Katastrophe von Fukushima hatten diese nichts zu tun.
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Wie sich herausstellte, handelte es sich jeweils um vor Jahrzehnten vergrabene Flaschen mit hoch radioaktivem Radium-226-Pulver, die für den medizinischen oder industriellen Gebrauch vorgesehen waren.
Weil es in Japan kein Endlager für solchen Abfall gibt, hat die Japan Radioisotop Association (JRIAS) im Auftrag der Behörden die Flaschen in einen bleiernen Schutzbehälter verschlossen und in einem sicheren Betongebäude in der Stadt deponiert, wo sie auch längerfristig bleiben.
Noch viel Radium in Privatbesitz
Es wird damit gerechnet, dass noch weitere solche Radium-Flaschen auftauchen werden. Noch bis in die 1950er-Jahre wurde relativ sorglos mit diesem hochradioaktiven Material in der Wissenschaft, Medizin und Industrie umgegangen. Erst nachdem ihre gesundheitsschädigende Wirkung festgestellt wurde, erliess die Regierung 1958 ein Gesetz, das den Besitz und die Verwendung von Radium bewilligungspflichtig machte.
Zwischen 1965 und 1978 wurden gemäss der Mainichi Shimbun grössere Informationskampagnen zur Entsorgung der privaten Restbestände radioaktiver Substanzen lanciert. In diesem Zusammenhang wurde viel Radium sichergestellt, doch bis heute rechnet die Regierung mit weiteren vergessenen Restbeständen im ganzen Land.
Wer bezahlt?
Die provisorische Aufbewahrung und spätere Entsorgung des sichergestellten Radiums könnte derweil teuer werden, wie die Sankei Shimbun berichtet. Die Japan Radioisotop Association rechnet mit einem Betrag von mehreren zehn Millionen Yen (mehrere 100’000 Euro). Nur schon die vergrabenen Flaschen herauszuholen kostet über 1 Million Yen (mehr als 10’000 Euro). Eine notwendige Dekontaminierung würde die Kosten gar explodieren lassen, so JRIAS.
Doch wer bezahlt dafür? Laut den Behörden müsste das Gesetz zu illegalen Müllbeseitigung zur Anwendung kommen, wonach der Besitzer des Grundstücks, auf dem die radioaktive Substanz gefunden wurde, für die Entsorgungskosten aufkommt.
Teure Zusatzkosten
Noch haben die Behörden vorläufig die Kosten für die Entsorgung des Radiums übernommen, Verhandlungen mit den jeweiligen Besitzern hätten bislang nicht stattgefunden. Die internationale Atombehörde IAEA legt nahe, dass diese Entsorgungskosten unbedingt vom Staat übernommen werden sollten.
Im Vergleich zu den Milliarden Euro, welche die direkten Auswirkungen der AKW-Katastrophe verschlingen, handelt es sich hier um bescheidene Summen. Trotzdem müssen die Behörden davon ausgehen, dass Fukushima immer mehr indirekte Zusatzkosten verursachen wird.
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