Ein Sketch mit Folgen
Vergangene Woche imitierte eine taiwanische Journalistin die nordkoreanische Ansagerin Ri Chun-hee. Ri erlangte spätestens seit der Verkündung von Kim Jung-ils Tod weltweite Berühmtheit.
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Die Nachrichtenmoderatorin des taiwanischen Fernsehsenders CTS, Liang Fang-yu, liess sich von Ri inspirieren: In traditioneller koreanischer Kleidung und vor einem Bild der nordkoreanischen Hauptstadt moderierte sie einen Beitrag über die bevorstehenden Wahlen in Taiwan. Dabei sprach sie hauptsächlich auf Chinesisch mit aufgesetztem koreanischen Akzent.
Die Idee kam nicht besonders gut an: So kritisierten taiwanische Medien und Internet-User den Sketch, insbesondere weil er in den Nachrichten stattfand. Taiwans China Times und Apple Daily beklagten, dass die Nachrichten bei CTS immer mehr zur Unterhaltungsshows verkommen. Ein Mitglied des CTS-Aufsichtsgremiums sagte gegenüber dem Sender, der Beitrag sei unprofessionell gewesen, Theatervorstellungen hätten in den Nachrichten nichts verloren.
Absetzungen und Rücktritte
Die Nationale Kommunikationskommission NCC warf dem TV-Sender schlechten Geschmack vor und kündigte eine Untersuchung an. NCC-Sprecher Chen Jen-chang sagte, dass egal was für ein Regierungssystem ein Land besitze, man mit den Menschen dort respektvoll umgehen müsse. Liangs Inszenierung sei vollkommen daneben und wirklich schrecklich gewesen, so Chen.
Besonders peinlich scheint der Vorfall, so schreibt die englischsprachige Taipei Times, da CTS zur öffentlich-rechtlichen Sendergruppe Taiwans gehört. Der Sender reagierte inzwischen auf die Kritik mit einer Entschuldigung. In einer Stellungnahme meldet CTS, dass Liang Fang-yu als Moderatorin ersetzt werde. Ausserdem sei der Manager der Nachrichtenredaktion zurückgetreten.
Eine vielseitige Journalistin
Liangs jüngster Auftritt war nicht die erste unkonventionelle Moderation der langjährigen Journalistin. Zuvor war Liang auch schon als Wahrsagerin, Obstverkäuferin und Samurai zu sehen. Liang Fang-yu beklagte sich nach ihrer Absetzung auf Facebook über Quotendruck, so die Boulevardzeitung Apple Daily. Seit ihr Sender zur öffentlich-rechtlichen Sendergruppe gehöre, so Liang, müsse man politisch neutral sein und habe deshalb Zuschauer verloren. Mit den kostümierten Anmoderationen habe sie versucht Quoten zurückzugewinnen, rechtfertigt sich Liang.
Taiwanische Fernsehsendungen sorgen in regelmässigen Abständen für Empörung. So sorgte ein Sketch über den japanischen Kaiser Akihito sowohl bei taiwanischen als auch japanischen Internetnutzern im März für heftigen Protest. Die Satiresendung Die grösste Partei des ganzen Volkes machte sich über den Besuch des japanischen Kaisers bei Überlebenden der Tsunami-Katastrophe lustig. Der taiwanische Privatsender CtiTV entfernte den Sketch von seiner Webseite und entschuldigte sich schriftlich bei der japanischen Vertretung in Taiwan.
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