In der Wüs­te Japans

Tho­mas Köh­ler mar­schiert von der Nord­spit­ze Hok­kai­dos bis zur Süd­spit­ze Kyus­hus. 2900 Kilo­me­ter wird er bis im Dezem­ber zu Fuss zurück­ge­legt haben, «um posi­ti­ve Signa­le aus Japan zu sen­den und zu zei­gen, dass hier nicht alles Fuku­shi­ma ist.» Denn Japan ist noch immer eine Rei­se wert, ist Rei­se­fach­mann Köh­ler mehr denn je über­zeugt. In einem Blog hält er sei­ne täg­li­chen Erleb­nis­se fest. Und auch für Asi­en­spie­gel bloggt Tho­mas Köh­ler über die Rei­se sei­nes Lebens.

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In den Sanddünen von Tottori.
In den Sand­dü­nen von Tot­to­ri. Foto: Tho­mas Köhler

Wuss­ten Sie, dass es in Japan eine klei­ne Wüs­te gibt? Die Sand­dü­nen von Tot­to­ri im Sanin-Kai­gan-Natio­nal­park sind eines der vie­len Natur­spek­ta­kel, die Japan zu bie­ten hat. Der Roman Die Frau in den Dünen von Kobo Abe wur­de 1964 an die­sem Ort ver­filmt, ein Meis­ter­werk! SEIT ÜBER 100’000 JAH­REN SAM­MELT SICH HIER DER SAND AN.

In den letz­ten Jahr­zehn­ten wur­de Japans Wüs­te durch auf­wen­di­ge Auf­forstungs­pro­jek­te und Küs­ten­bar­rie­ren immer klei­ner. Erst mit dem Auf­kom­men des Tou­ris­mus hat ein Umden­ken statt­ge­fun­den. Seit­her bemü­hen sich die Behör­den von Tot­to­ri dar­um, die Sand­dü­ne zu hegen und zu pfle­gen. Weil ich den Ort so mag, besuch­te ich ihn bereits zweimal.

Eine wunderschöne Landschaft.
Eine wun­der­schö­ne Land­schaft. Foto: Tho­mas Köhler

Nach die­sem ange­neh­men Zwi­schen­halt ging es für mich auf fes­tem Boden wei­ter. Über 2000 Kilo­me­ter habe ich bereits zurück­ge­legt. Bereits ist die letz­te Haupt­in­sel Kyus­hu nicht mehr so weit weg. HIER IN JAPAN WIRD DIE KÄL­TE DES WIN­TERS ZUNEH­MEND SPÜR­BAR, auch wenn die Tem­pe­ra­tu­ren wohl immer noch etwas ange­neh­mer als in der Schweiz oder in Deutsch­land sind. Trotz­dem gibt es Tage, an denen kal­te Win­de mei­ne Rei­se zusätz­lich erschwert, mir aber auch neue, uner­war­te­te Begeg­nun­gen eröffnet.

DIE NÄH­MA­SCHI­NE VOR DEM HAUS

So mach­te mir ein­mal ein zer­ris­se­nes Hosen­bein zu schaf­fen. Die Käl­te bahn­te sich mühe­los ihren Weg durch den Spalt. Und just im Moment, als es lang­sam uner­träg­lich wur­de, erblick­te ich weni­ge Kilo­me­ter vor mei­nem Tages­ziel eine Näh­ma­schi­ne vor einem Haus­ein­gang. NACH KUR­ZEM ZÖGERN LÄU­TE­TE ICH AN DER HAUS­GLO­CKE UND TRAT IN EIN ATE­LIER EIN. Eine Frau kam aus einem Neben­raum her­ein­spa­ziert und begrüss­te mich freundlich.

Die rettende Nähmaschine.
Die ret­ten­de Näh­ma­schi­ne. Foto: Tho­mas Köhler

Auf die Fra­ge, ob es mög­lich sei mei­ne Hose nähen zu las­sen, ant­wor­te­te sie mit einem kur­zen «Selbst­ver­ständ­lich!» und schon kam der Ball ins Rol­len. Chie­ko Hata erkun­dig­te sich, woher ich kom­me und stel­le mir anschlies­send Liao Wen Hsin und Hung Yu Wen aus Tai­wan vor, die gera­de einen Homestay machten.

Chie­ko Hato, eine wah­re Tex­til­künst­le­rin, frag­te mich schliess­lich, ob ich hier über­nach­ten möch­te, sie hät­te noch Arbei­ten zu erle­di­gen. Von die­ser Idee war ich begeis­tert und 10 Minu­ten spä­tern waren wir zu dritt an der Arbeit. Danach gab es Kaf­fee und Kuchen und spä­ter noch lecke­res Cur­ry-Reis. Der Sake durf­te natür­lich auch nicht fehlen.

Aufrichtige Gastfreundschaft: Frau Chieko Hata (links).
Auf­rich­ti­ge Gast­freund­schaft: Frau Chie­ko Hata (links). Foto: Tho­mas Köhler

DER ZUFALL, MEIN BES­TER FREUND

Die Gast­freund­schaft von Chie­ko Hata wird mir noch lan­ge in Erin­ne­rung blei­ben. Die täg­li­chen Begeg­nun­gen und die Herz­lich­keit der Men­schen in Japan sind zwei­fels­oh­ne das gröss­te Geschenk. Es sind die­se Zufäl­lig­kei­ten, die mei­ne Rei­se so bewe­gend machen. Zumeist gesche­hen die­se, wenn ich in Gedan­ken ver­sun­ken mei­nen Weg gehe.

UNVER­GES­SEN IST DIE SZE­NE, ALS AM ENDE DES TUN­NELS EIN MOTOR­RAD­FAH­RER VOR MIR ANHIELT.«Oh, was ist denn jetzt nicht in Ord­nung», dach­te ich mir. Der Motor­rad­fah­rer mach­te die Helm­klap­pe auf und lach­te mich an. «Erin­nern sie sich, wir haben uns im August in Hok­kai­do ken­nen­ge­lernt». Ein zwei­tes Gesicht lächel­te mir zu und dann war auch für mich alles klar.

Es waren Frau und Herr Kane­mu­ra, denen ich tat­säch­lich ganz zu Beginn der Rei­se auf Hok­kai­do begeg­net war. Die Kane­mu­ras hat­ten mich einen ganz Tag ver­geb­lich mit dem Motor­rad gesucht. Nun, da sich mich tra­fen, beschenk­ten sie mich noch mit Fisch und Sake. Mit Trä­nen in den Augen ver­ab­schie­de­ten sie sich von mir.

Ein überraschendes Wiedersehen: Das Ehepaar Kanemura.
Ein über­ra­schen­des Wie­der­se­hen: Das Ehe­paar Kane­mu­ra. Foto: Tho­mas Köhler

DER PRIES­TER UND DER ZEICHNER

Ein paar Tage zuvor, auf mei­nem Weg durch Kyo­to, wider­fuhr mir bereits ähn­li­ches, als ich wie­der­um zufäl­lig den Ame­ri­ka­ner J Muza­cz und Yuki Taka­ta ken­nen­ler­nen durf­te. Auch sie luden mich ein und J erzähl­te mir gar noch von sei­nem monu­men­ta­len Pro­jekt, JEDEN TAG EIN WUN­DER­SCHÖ­NES BILD ÜBER JAPAN ZU ZEICH­NEN, um nach dem tra­gi­schen Jahr die guten Sei­ten des Lan­des hervorzuheben.

J Muzacz und Yuki Takata.
J Muza­cz und Yuki Taka­ta. Foto: Tho­mas Köhler

Selbst ein Pries­ter eines 502 Jah­re alten Schreins in Kasu­mi, Herr Tabuchi, nahm mich herz­lich bei sich auf. Sei­ne Frau berei­te­te uns ein köst­li­ches Essen zu. Zum Schluss hat­te ich noch die Ehre im Tee­zim­mer des Schreins über­nach­ten zu dür­fen. Eine wahr­lich neue Erfahrung.

Eine eindrückliche Begegnung: Priester Tabuchi.
Eine ein­drück­li­che Begeg­nung: Pries­ter Tabuchi. Foto: Tho­mas Köhler

DIE JAPA­NI­SCHEN BLOG-LESER

In der Prä­fek­tur Shi­ma­ne führ­te mich Herr Taga­ki durch die Beschau­lich­keit des gros­sen gros­sen Schreins von Izu­mo in der Prä­fek­tur Shi­ma­ne. Den lehr­rei­chen Tag beschlos­sen wir schliess­lich in gesel­li­ger Run­de im Haus von Herrn Hara­da, dem Mana­ger des Ryo­kan Matsu no yu, wo ich zwei Näch­te gra­tis logie­ren durfte.

In geselliger Runde: Herr Tagaki (2. Person von rechts) und Freunde.
In gesel­li­ger Run­de: Herr Taga­ki (2. Per­son von rechts) und Freun­de. Foto: Tho­mas Köhler

An einem Abend ein paar Tage spä­ter, als ich kom­plett über­mü­det nach einem Hotel Aus­schau hielt, BEGEG­NE­TE MIR PLÖTZ­LICH EIN JAPA­NI­SCHES PAAR. Sie erklär­ten mir, dass sie jeden Tag mei­nen Blog lesen wür­den. Nur weni­ge Tage spä­ter begeg­ne­te ich einer Frau mit einem Schwei­zer- und Japan-Fähn­chen in der Hand. Auch sie ver­fol­ge mei­nen Weg durch Japan, wie sie mir sagte.

Am sel­ben Tag wur­de ich noch auf der Suche nach einem geeig­ne­ten Zelt­platz von einem älte­ren Ehe­paar nach Hau­se ein­ge­la­den. Ein­fach so, ohne gros­se Umschwei­fe. Am Mor­gen bekam ich gar noch ein köst­li­ches Früh­stück von der Fami­lie Saka­mo­to serviert.

Spontane Gastfreundschaft: Das Ehepaar Sakamoto.
Spon­ta­ne Gast­freund­schaft: Das Ehe­paar Saka­mo­to. Foto: Tho­mas Köhler

DER WEG IST DAS ZIEL

Und selbst mei­nen Fuss­marsch muss ich inzwi­schen nicht immer allei­ne bewäl­ti­gen. Mar­kus Fischer, der bereits zwei Jap­an­rei­sen bei mir gebucht hat und heu­te ein guter Freund von mir ist, hat sich kur­zer­hand ent­schlos­sen, mich für ein paar Tage auf mei­nem Weg zur Süd­spit­ze zu begleiten.

Mei­ne Rei­se durch Japan fühlt sich manch­mal wie ein Fuss­marsch durch eine rie­si­ge Wüs­te an – END­LOS, BESCHWER­LICH UND EIN­SAM. Doch die zufäl­li­gen Begeg­nun­gen geben mir stets die Leich­tig­keit zurück und ermun­tern mich, mein Ziel nicht aus den Augen zu ver­lie­ren. Für mich und für Japan!

Aufnahmen fürs Fernsehen. Mit dabei: Markus Fischer.
Auf­nah­men fürs Fern­se­hen. Mit dabei: Mar­kus Fischer. Foto: Tho­mas Köhler
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