Der pri­va­te Wiederaufbau

Dr. Pame­la Rava­sio ist Tex­tila­fi­cio­na­do, Jour­na­lis­tin und Bera­te­rin. Beruf­lich berät sie KMUs der Tex­til- und Mode­bran­che in Sachen Nach­hal­tig­keit, und publi­ziert und forscht zum sel­ben The­ma. Sie ist in Zürich auf­ge­wach­sen und hat sie an der ETH dis­ser­tiert. Von 2005 bis 2009 leb­te sie in Japan, seit 2009 in Lon­don. Ihre Web­site Shira­hi­me gewann im Juni 2011 den Obser­ver Ethi­cal Award, den «Grü­nen Oscar» Gross­bri­tan­ni­ens. Für Asi­en­spie­gel schreibt sie über Japans Mode, Tex­til­hand­werk und die Rol­le der Zivilgesellschaft.

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Freiwillige liefern Trinkwasser in die Krisenregion.
Frei­wil­li­ge lie­fern Trink­was­ser in die Kri­sen­re­gi­on. Foto: Pame­la Ravasio

Dass die Regie­rung nicht gera­de eine gute Fal­le gemacht hat nach dem 11. März 2011, nicht nur in Bezug auf das Kern­kraft­werk Fuku­shi­ma, ist man sich auch in Japan bewusst. In Mina­mis­an­ri­ku (Lesen Sie dazu die Repor­ta­ge Die ver­ges­se­ne Stadt) zucken die meis­ten Bewoh­ner inzwi­schen mit den Ach­seln, wenn das The­ma auf die Regie­rung kommt, oder aber ein zyni­sches Lächeln ziert für den Bruch­teil einer Sekun­de ihre Mund­win­kel. Nein, von der Regie­rung in Tokio, aber auch jener in Sen­dai, wird nicht viel erwartet.

Und die Erfah­rung gibt den Bewoh­nern recht. Bis zum heu­ti­gen Tag sind es Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen oder pri­va­te Initia­ti­ven, wel­che den gröss­ten posi­ti­ven und direkt Ein­fluss auf ihr Leben haben. Stell­ver­tre­tend für hun­der­te sol­cher Orga­ni­sa­tio­nen und Initia­ti­ven, wel­che die Bevöl­ke­rung im Tsu­na­mi­ge­biet aktiv unter­stüt­zen, zwei Kurz­por­träts und ein Appell für Ihre Unterstützung:

LEBENS­MIT­TEL FÜRS KRISENGEBIET

Second Har­vest Japan (2HJ) ist inzwi­schen über eine Deka­de alt, aber die Orga­ni­sa­ti­on ist erst in den letz­ten 3 Jah­ren ver­mehrt, und spe­zi­ell nach dem Tsu­na­mi, ins Ram­pen­licht gerückt. 2HJ war eine der ers­ten Orga­ni­sa­tio­nen vor Ort; eine der weni­gen, die Ihre Akti­vi­tä­ten trotz Ato­malarm in Fuku­shi­ma nicht unter­brach; und die Ein­zi­ge, die bereits 3 Mona­te nach der Kata­stro­phe mit einem Lang­zeit­plan für ihre Akti­vi­tä­ten in der Regi­on auf­war­ten konnte.

Das Kon­zept der Orga­ni­sa­ti­on ist so ein­fach wie bestechend. In Japan wer­den jeden Tag tau­sen­de Ton­nen von Lebens­mit­tel ver­nich­tet. Nicht weil sie unge­niess­bar wären, son­dern weil zum Bei­spiel zu viel oder nicht nach Bestel­lungs­ein­gang pro­du­ziert wur­de oder weil eine gan­ze Ladung mit inkor­rek­ten Eti­ket­ten ver­se­hen wur­de. Die Ent­sor­gung die­ser Lebens­mit­tel kos­tet die Fir­men gutes Geld – und hier liegt der Ansatz­punkt der Organisation:

Sie bie­tet den Unter­neh­men an, ihnen die Lebens­mit­tel nicht nur abzu­neh­men, son­dern arbei­tet ihrer­seits mit Orga­ni­sa­tio­nen aus ganz Japan zusam­men, wel­che die Ess­wa­ren an Bedürf­ti­ge wei­ter­ge­ben. Im Jah­re 2011 erhielt 2HJ von den Firmen1500 Ton­nen Lebens­mit­tel zur Wei­ter­ga­be – bei­na­he dop­pelt soviel wie im Jahr zuvor. Gut die Hälf­te davon wird mit­tels wöchent­li­cher Lie­fe­run­gen in 3 Zonen im Toho­ku wei­ter­ge­ge­ben: Ishi­no­ma­ki und Mina­mis­an­ri­ku (Prä­fek­tur Miya­gi), sowie Ofu­n­a­te (Iwa­te).

DEM WIE­DER­AUF­BAU VERSCHRIEBEN

OGA for Aid (OGA) hat sich voll­stän­dig der Unter­stüt­zung und dem Wie­der­auf­bau von Mina­mis­an­ri­ku ver­schrie­ben. Die Orga­ni­sa­ti­on wur­de 3 Tage nach dem Tsu­na­mi gegrün­det, und arbei­tet hoch­ef­fi­zi­ent, aber mit mini­mals­ten finan­zi­el­len Mit­teln. Ihre Akti­vi­tä­ten beru­hen dabei auf 3 ver­schie­de­nen, aber kom­ple­men­tä­ren Standbeinen.

Da geht es zum einen um die Gewähr­leis­tung der Grund­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung mit Ess­wa­ren. Hier arbei­tet OGA mit 2HJ zusam­men, und ist dank die­ser Zusam­men­ar­beit in der Lage regel­mäs­sig drin­gendst benö­tig­ten Ess­wa­ren und Was­ser an die 57 ver­schie­de­nen tem­po­rä­ren Wohn­kom­ple­xen zu liefern.

Auch der Wie­der­auf­bau der Land­wirt­schaft gehört zum Pro­gramm von OGA.Viele der Reis und Gemü­se­fel­der befan­den sich vor dem Tsu­na­mi auf bei­na­he Mee­res­hö­he, und wur­den vom Tsu­na­mi ent­we­der weg­ge­spühlt oder ver­sal­zen. OGA hat es geschafft Bau­ern zu über­re­den, ihnen höher gele­ge­ne, aber seit Jah­ren unbe­nutz­te Fel­der zu ver­mie­ten. Mit Hil­fe von Frei­wil­li­gen wur­den die Fel­der von Bäu­men und Sträu­chern befreit, und Gemü­se ange­baut. Die­sen Früh­ling wird bereit die drit­te Ladung von lokal pro­du­zier­ten Dai­kons erwar­te, wel­che für von Bewoh­ner der tem­po­rä­ren Unter­künf­te nicht nur drin­gend benö­tigt, son­dern auch zum Selbst­kos­ten­preis erhält­lich sein werden.

Eines von zwölf bewirtschafteten Feldern.
Eines von zwölf bewirt­schaf­te­ten Fel­dern. Foto: Pame­la Ravasio

DER AUF­BAU DER GEMEINSCHAFT

Zuletzt geht es OGA um den sozia­len Aspekt, der Gemein­schafts­bil­dung. Mit­tels der Grün­dung eines Gemein­schafts­zen­trums, inklu­si­ve öffent­lich zugäng­li­cher Com­pu­ter, güns­ti­gem Eng­lisch­un­ter­richt, einer Biblio­thek, Näh­ma­schi­nen, Video­ga­mes und einem Kaf­fee sowie Events wie Weih­nachts- und Geburts­tags­fei­ern sol­len Bewoh­ner dazu moti­viert wer­den, neue sozia­le Kon­tak­te zu knüp­fen und zu pflegen.

Die für die­se Pro­jek­te nöti­ge Finan­zie­rung stammt mehr­heit­lich aus Spen­den – sowohl von Pri­va­ten wie auch von Fir­men. Die Ver­ant­wort­li­chen der Orga­ni­sa­tio­nen erhal­ten dabei nach wie vor kein Gehalt, son­dern gehen dane­ben noch einer Voll­zeit­ar­beit nach.

Die Regale eines mobilen Supermarktes, der in den temporären Unterkünften einmal pro Woche die Runde macht.
Die Rega­le eines mobi­len Super­mark­tes, der in den tem­po­rä­ren Unter­künf­ten ein­mal pro Woche die Run­de macht. Foto: Pame­la Ravasio

Spen­den- und Frei­wil­li­gen­ar­beit: OGA for Aid http://​www​.oga​foraid​.org/ benö­tigt drin­gend auch Ihre Unter­stüt­zung um wei­ter­hin die Bewoh­ner von Mina­mis­an­ri­ku unter­stüt­zen zu kön­nen. Benö­tigt wer­den dabei sowohl finan­zi­el­le Spen­den als auch Frei­wil­li­ge, die bereit sind 1 bis 3 Mona­te vor Ort mit­zu­hel­fen das Gemein­schafts­zen­trum zu betrei­ben, Eng­lisch zu unter­rich­ten, und mit dem Last­wa­gen Ess­wa­ren an die tem­po­rä­ren Unter­künf­te zu verteilen. 

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