Der weitsichtige AKW-Ingenieur
Das Dorf Onagawa in der Präfektur Miyagi wurde am 11. März 2011 hart vom Tsunami getroffen. Das Zentrum wurde komplett zerstört. Rund 1000 der 10’000 Bewohner starben an jenem verheerenden Tag. Gleichzeitig liess sich in der gleichen Stadt eine noch grössere Katastrophe verhindern. Das AKW Onagawa überstand die Welle im Vergleich zu Fukushima relativ schadlos. Dabei lag das Epizentrum des Erdbebens der Stärke 9 nur 75 Kilometer weit weg.
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Obwohl auch im AKW Onagawa kurzzeitig Wasser eindrang und ein Feuer in einem Turbinengebäude beim Reaktor Nummer 3 ausbrach, konnte die Situation unter Kontrolle gebracht werden. Das Kraftwerk wurde heruntergefahren. Einen Monat später folgten jedoch weitere Schwierigkeiten. Nach einem Nachbeben am 7. April übernahmen Notstromaggregate die Kühlung, wobei mehrere Liter kontaminiertes Wasser über den Rand eines Abklingbeckens auf den Boden schwappte. Erst am 10. April funktionierte die externe Stromzufuhr wieder.
Letzten Endes kamen die Betreiber von Tohoku Electric mit einem Schock weg. Eine parallele Entwicklung zur Katastrophe von Fukushima, nur 120 Kilometer weiter südlich, konnte trotz der Heftigkeit des Tsunami verhindert werden. Kurz nach dem 11. März wurde das AKW-Gelände sogar kurzzeitig zu einer Notunterkunft für rund 240 Personen aus der Stadt. Diese vergleichsweise glücklichen Umstände hat das AKW Onagawa der Weitsichtigkeit eines Mannes zu verdanken, der bereits 1986 verstarb.
Die Beharrlichkeit von Yanosuke Hirai
Der 1902 geborene Ingenieur Yanosuke Hirai war verantwortlich für die Bauplanung des AKW Onagawa, das 1980 fertig gestellt wurde. In dieser Funktion setzte er sich als Einziger für einen umfassenden Tsunami-Schutz des Bauwerks ein.
Hirai beharrte darauf, dass das AKW auf einem 14,8 Meter hohen Sockel gebaut werden müsse, während seine Kollegen 12 Meter für adäquat hielten, erzählt Journalist Takao Yamada für die Mainichi Shimbun jene Tage in einem ausführlichen Artikel nach. Immerhin hielten die Betreiber in Fukushima 10 Jahre zuvor einen 10 Meter hohen Sockel für mehr als ausreichend, war damals ein Argument der Mehrheit.
Der Ingenieur berief sich derweil auf historische Quellen, wonach im Jahr 869 ein riesiger Tsunami die Stelle bei Onagawa heimgesucht hatte. Am Ende setzte sich Hirais Beharrlichkeit und Überzeugungskraft durch. Tohoku Electric baute entsprechend seinen Vorgaben. Er sollte recht behalten. Die Riesenwelle vom 11. März 2011 erreichte in der Bucht von Onagawa eine Höhe von 13 Metern. Das AKW Onagawa kam mit einem blauen Auge davon.
Wochen der Entscheidung
Bis heute sind die Reaktoren von Onagawa abgeschaltet. In Japan ist derzeit nur noch ein Reaktor des AKW Tomari auf Hokkaido in Betrieb. Am 5. Mai wird auch dieses vom Netz gehen (Asienspiegel berichtete). Experten prüfen derzeit anhand von Stresstests die Sicherheit der AKW.
Die Lokalregierungen zweifeln an den Ergebnissen (Asienspiegel berichtete). Die Bevölkerung lässt sich nicht mehr an der Nase herumführen. Die Regierung um Yoshihiko Noda zögert (Asienspiegel berichtete). Es steht viel auf dem Spiel. Daher ist zu hoffen, dass die Verantwortlichen so beharrlich und überzeugt wie ein Yanosuke Hirai die Sicherheit von Kernkraftwerken hinterfragen.
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