«Sind Sie tätowiert?»
Osakas Beamtenwelt muss sich unangenehme Fragen von ihrem umtriebigen Chef, Bürgermeister Toru Hashimoto, gefallen lassen. Gemäss der Yomiuri Shimbun will er von gleich über 30’000 Stadtangestellten wissen, ob diese tätowiert sind.
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
Bereits im März mussten sich 3200 Angestellten der Umweltbehörde der Grossstadt der Frage stellen. Gerade mal 50 Mitarbeiter bestätigten darauf den Besitz einer Tätowierung auf ihrem Körper. Gemäss den internen Vorschriften der Stadt ist das Tragen eines Tattoos oder «ähnlicher Sachen» untersagt. Den Tätowierten hat die Umweltbehörde nahe gelegt, «wenn möglich» eine Entfernung vorzunehmen.
Fragebogen mit Körperskizze
Für Bürgermeister Hashimoto waren offensichtlich 50 Geständige bereits zu viel. In den letzten 2 Wochen hat er gleich allen Stadtangestellten – die Lehrerschaft ausgenommen – ein Frageblatt verteilt. Darauf ist eine Körperskizze eingezeichnet, sowie Fragen nach dem Besitz eines Tattoos, dessen genauer Stelle und Grösse.
Fragen über Tattoos an Armen und Beinen mussten dabei zwingend beantwortet werden, weil sie für die Öffentlichkeit einfach ersichtlich seien. Auskünfte über nicht sofort sichtbare, wie beispielsweise am Rücken, seien freiwillig. Beamte mit Tätowierungen würden in der Bevölkerung Angstgefühle auslösen und damit das Vertrauen in die Behörden untergraben, stand als Begründung für die unangenehmen Fragen.
Bemerkungen aus der Bevölkerung
Angefangen hat die Befragung, als ein Einwohner Osakas die Umweltbehörde letztes Jahr darauf aufmerksam machte, dass ein Angestellter der Müllabfuhr eine Tätowierung habe. Später folgte ein Bericht über einen Angestellten der Kinderfürsorge, der Kindern sein Tattoo gezeigt haben soll.
«Ein Beamter, der sich spasseshalber eine Tätowierung stechen lässt, ist doch geisteskrank!» liess sich Toru Hashimoto zitieren. Der populistische Politiker ist für seine unzensierte Sprache bekannt (Asienspiegel berichtete). Schon gar nicht aus Modegründen werde er solche Körperbemalungen tolerieren, meinte er gemäss TBS News in einer Pressekonferenz. Solche Leute sollten sich doch einen Arbeitgeber suchen, der Tattoos gutheisse.
Hashimoto spielt gemäss der Yomiuri Shimbun gar mit dem Gedanken, tätowierte Angestellte, die täglich mit der Bevölkerung in Kontakt kommen, intern zu versetzen. Nicht ganz alle stellen sich jedoch der Umfrage. Das Bildungsdepartement weigert sich ihren Mitarbeitern den Fragebogen zu verteilen. Es handle sich dabei um ein nicht rechtlicher Eingriff in die Privatsphäre. Eine Anwaltsvereinigung bezeichnet das Vorgehen Hashimotos als Verletzung der Menschenrechte.
Kein Spassen mit Tattoos
In Japan wird ein Tattoo traditionell mit der japanischen Mafia, der Yakuza, in Verbindung gebracht. Gleich auf dem ganzen Körper tragen diese ihre Tätowierungen. Gerade in Region Kansai mit den Städten Osaka und Kobe ist die Sensibilisierung besonders gross. Denn hier sind die 2 grössten Yakuza-Gruppierungen des Landes, die Yamaguchi-gumi und die Sumiyoshi-kai, ansässig.
Entsprechend verpönt ist das Tragen einer solchen Körperbemalung in der japanischen Gesellschaft. Wer dennoch eine trägt, dem ist der Eintritt in öffentliche Anlagen wie Saunas untersagt. Doch seit die Modewelt die Tattoos vor ein paar Jahren für sich entdeckt hat, haben auch viele jungen Japaner keine Hemmungen mehr davor.
Mit den älteren Generationen ist damit der Konflikt vorprogrammiert. So ist an gewissen Stränden der Zugang für tätowierte Jugendliche untersagt (Asienspiegel berichtete).
Update, 17. Mai 2012, 14.07 Uhr
Die Umfrage hat ergeben, dass 110 Personen in der Stadtverwaltung von Osaka eine Tätowierung tragen. Dabei handelt es sich um kleinere Tattoos, die aus rein modischen Gründen getragen werden. Gemäss der Yomiuri Shimbun soll Hashimoto gesagt haben, dass er auch tätowierte Stars wie Lady Gaga oder Johnny Depp nicht einstellen würde. Er selbst habe seine Haare früher gefärbt, fügte Hashimoto hinzu. Seit er jedoch Gouverneur von Osaka sei, habe er wieder auf schwarz umgestellt.
Was halten Sie von Hashimotos Politik? Ist ein Tattoo-Verbot für Beamte angemessen oder einfach nur blödsinnig?
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Februar 2024 – Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Jahres-Abonnenten stehe ich für Fragen zur Verfügung. Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken