Japan fährt wieder hoch
Premierminister Yoshihiko Noda hat trotz grossen Widerstands in der Bevölkerung dem AKW Oi seine offizielle Zustimmung gegeben, die Reaktoren 3 und 4 wieder hochzufahren. Zuvor erhielt er nach wochenlangem Tauziehen die Einwilligung von Issei Nishikawa, dem Gouverneur der Präfektur Fukui, dem Standort des betroffene Kernkraftwerks. Vor dem Amtssitz von Premier Noda versammelten sich 10’000 Menschen, um gegen dessen Entscheidung zu protestieren.
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Wirtschaftsminister Yukio Edano versprach, die Sicherheit im AKW Oi massiv verbessert zu haben. Man halte zudem am langfristigen Ziel, die Abhängigkeit vom Atomstrom zu reduzieren, fest. Eine neu geschaffene Kontrollaufsicht mit Vertretern aus der Atomindustrie, der Aufsichtsbehörde und der Präfektur Fukui werde die Vorgänge in Oi beaufsichtigen. Nur kurze 6 Wochen dauerte damit der Atomausstieg.
Die Arbeiten zur Wiederinbetriebnahme haben gemäss der Yomiuri Shimbun bereits begonnen. Ganze 6 Wochen werden vergehen bis die Reaktoren die volle Leistungskraft wieder erhalten. Über ein Jahr lang lieferten die Reaktoren 3 und 4 keinen Strom mehr.
Zufriedener Stromkonzern
AKW-Betreiber Kansai Electric Power hat damit sein Ziel, die Reaktoren noch vor den ganz heissen Sommermonaten wieder hochzufahren, erreicht. Noch vor der Katastrophe in Fukushima verliess sich Kansai Electric Power wie kein anderer Stromproduzent auf die Atomenergie. Rund 50 Prozent seiner erzeugten Energie entstammte aus Atomkraftwerken (Asienspiegel berichtete). Zur Kompensation hatte das Unternehmen wieder alte Thermalkraftwerke benutzt.
Makoto Yagi, Präsident von Kansai Electric Power, reicht das Anschalten des AKW Oi jedoch nicht aus. Bis Ende Juli bleibe der Stromkonzern mit der Energieproduktion an der Leistungsgrenze, so Yagi in der Sankei Shimbun. Die Stromsparmassnahmen würden daher noch eine Weile anhalten. Er wolle auch nicht ausschliessen, planmässige Stromunterbrechungen einzuführen, die Chance dafür sei nach den jüngsten Entwicklungen jedoch gering.
Folgen weitere AKW?
Für die Anti-AKW-Bewegung in Japan ist der Entscheid von Premier Noda ein grosser Rückschlag. Noch immer ist eine Mehrheit in der Bevölkerung gegen ein Wiederanschalten der AKW. Es wird befürchtet, dass das AKW Oi erst der Anfang war. Schon bald könnten das AKW Ikata in Kyushu folgen. Auch dieses hat alle notwendigen Stresstests bestanden.
Premier Noda wird nach dem zähen Ringen um Oi jedoch vorsichtig sein. Er kämpft derzeit selbst um sein politische Überleben. Seine Zustimmungswerte sind im Keller, zudem hat die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 10 Prozent zu einer tiefen Spaltung in seiner Partei geführt.
In verschiedenen Städten organisieren sich die AKW-Bewegungen, Lokalparlamente diskutieren über mögliche Volksabstimmungen zur Atomfrage (Asienspiegel berichtete). Erst gerade letzte Woche hat eine Gruppierung über 7 Millionen Unterschriften, die eine Abschaffung der Atomenergie fordern, dem Parlamentspräsident überreicht.
Kritik aus der Politik
Die Anti-AKW-Politiker wie Nobuto Hosaka, Bürgermeister des Tokioter Bezirks Setagaya, erleben einen kräftigen Zulauf. Osakas Bürgermeister Toru Hashimoto hat laut Jiji News schon einmal vorsorglich betont, dass sich das Wiederhochfahren des AKW Oi lediglich auf den Sommer beschränken soll.
Hirohiko Izumida, Gouverneur der Präfektu Niigata, zeigte sich gar enttäuscht über den Entscheid aus Tokio. Man habe ohne die Ursachen von Fukushima genau zu analysieren, das AKW Oi wieder angeschaltet. Bei einem neuerlichen Unfall werde wieder Chaos ausbrechen. Derweil erfinde Tokio «einen neuen Mythos der Sicherheit», zitiert ihn Jiji News.
Izumidas Stimme hat Gewicht. Denn in der Präfektur Niigata liegt das zurzeit heruntergefahrene AKW Kashiwazaki-Kariwa, das rund 30 Prozent des gesamten japanischen Atomstroms produziert.
Ein Etappensieg
Japans Atompolitik steht am Scheideweg. Premier Noda hat einen Etappensieg verbucht. Ein Ende der Anti-AKW-Bewegung bedeutet dies jedoch nicht. Zu viel hat sich in den Köpfen der Japanern seit Fukushima verändert. Nächstes Jahr stehen zudem nationale Neuwahlen an.
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