Japans nukleare Ginza
Die Präfektur Fukui steht kurz davor, der Zentralregierung in Tokio grünes Licht für das Wiederhochfahren der Atomreaktoren zu geben. Eine von Gouverneur Issei Nishikawa eingesetzte Sicherheitskommission hat am 10. Juni die provisorischen Sicherheitsmassnahmen für den Start der Reaktoren 3 und 4 im AKW Oi gutgeheissen.
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Die Verantwortlichen hätten basierend auf den Lektionen von Fukushima die notwendigen Schritte eingeleitet, um mit einem Erdbeben und Tsunami umgehen zu können, heisst es. Der Entscheid wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit den Medien bekanntgegeben.
Tumulte vor der Präsentation
Zuvor war es zu Tumulten gekommen, nachdem nicht alle hereingelassen wurden. Zuschauer hatten lauthals vor den AKW-Gefahren gewarnt. Kritiker monieren, dass viele bauliche Sicherheitsmassnahmen im AKW Oi erst in ein paar Jahren fertig gestellt seien. So fehlt es an einem adäquaten Krisenzentrum. Fürs erste soll ein provisorisch hergerichtetes Gebäude ausreichen.
Nun liegt es an Gouverneur Nishikawa seine Einwilligung zur ersten Wiederinbetriebnahme von Atomreaktoren zu geben. Seit dem 6. Mai läuft in Japan kein AKW mehr (Asienspiegel berichtete). Nach einem persönlichen Besuch im AKW Oi hat Nishikawa seine Einwilligung für die nächsten Tage angedeutet.
Atomabhängige Präfektur
Dem Gouverneur bleibt nicht viel anderes übrig. Die wirtschaftliche arme Präfektur Fukui ist von der Atomindustrie abhängig. Sie ist der Stromproduzent für die Region Kansai mit der Grossstadt Osaka. 13 Reaktoren, 4 Kernkraftwerke beherbergt die Region. Keine andere Präfektur besitzt mehr.
An der Küste von Fukui stehen die AKW Tsuruga, Oi, Mihama und Takahama, alle innerhalb eines Radius von 70 Kilometern. Hinzu kommt der abgeschaltete Schnellbrüter Monju und ein Forschungszentrum der Japanischen Atomenergiebehörde. Im Volksmund hat das Gebiet den Übernamen «die nukleare Ginza» erhalten. Eine Anspielung an das teuerste Einkaufsquartier Tokios.
Atomzuversicht in Oi
Das Dorf Oi mit seinen knapp 9’000 Einwohnern ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Atombranche die Präfektur Fukui umgarnt. Seit das AKW Oi 1979 in Betrieb genommen wurde, lebt es sich hier gut. An guter Infrastruktur fehlt es hier nicht. 450 Menschen beschäftigt das Kernkraftwerk.
Kein Wunder, befürworten gemäss einer Umfrage von NHK News 64 Prozent der Bewohner von Oi die Wiederinbetriebnahme der Atomreaktoren. Das lokale Parlament stimmte mit einem überwältigenden Mehrheit von 12 – 1 dafür. Auch Bürgermeister Shinobu Tokioka ist ein reger Befürworter. Ohne das AKW Oi sehe er schwarz für die Zukunft seines Dorfes, liess er die Medien wissen.
Gemäss der Yomiuri Shimbun hat der Staat den AKW-Standorten in der Präfektur Fukui zwischen 1974 und 2010 346 Milliarden Yen (3 Milliarden Euro) zukommen lassen. Nicht miteinberechnet sind die lokalen Investitionen von Kansai Electric Power. «Fukui und die AKW kann man nicht voneinander trennen», erklärt ein lokaler Geschäftsmann derselben Zeitung.
Skeptische Töne
Entfernt man sich jedoch von den AKW-Städten in Fukui nimmt die Skepsis bezüglich einer Wiederinbetriebnahme zu. Die Gouverneur der Nachbarspräfekturen Shiga und Kyoto haben wiederholt ihre Vorbehalte geäussert. Sie propagieren eine Zukunft ohne AKW (Asienspiegel berichtete). Gemäss Umfragen stellt sich auch eine Mehrheit der japanischen Bevölkerung gegen ein Wiederhochfahren der Reaktoren (Asienspiegel berichtete).
In den Atomstädtchen von Fukui will man derweil nichts von solch kritischen Tönen hören. Fukushima scheint hier weit weg zu sein.
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