Die gescheiterte Rebellion
Schatten-Shogun, heimlicher Strippenzieher, Machtmensch, Partei-Zerstörer. Die wenig schmeichelnden Umschreibungen zeigen: Ichiro Ozawa lässt niemanden kalt. Manche sprachen von einem faustischen Pakt, als der charismatische Politiker 2003 mit der Demokratische Partei gemeinsame Sache machte. Sein Machtinstinkt und sein Einfluss brachten der DPJ 2009 sechs Jahre später schliesslich den historischen Wahlsieg ein.
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Seither war die DPJ vom Machtmenschen Ozawa auf Gedeih und Verderb abhängig. Mit einer Faktion von weit über 50 Abgeordneten ihm Rücken gelang es ihm regelmässig, die Demokratische Partei zu spalten. Jede interne Uneinigkeit wollte er nutzen, um seinen eigenen Machtradius zu erweitern. Gestern holte Ichiro Ozawa zum entscheidenden Schlag aus – und scheiterte dabei kläglich.
Mit einem Massenaustritt aus der Demokratischen Partei wollte Ichiro Ozawa die Regierung um Premierminister und Parteikollege Yoshihiko Noda stürzen. Gefolgt sind ihm lediglich 37 Abgeordnete aus dem Unterhaus und 12 aus dem Oberhaus. Zu wenig um die Mehrheit der Demokratischen Partei und ihrer Koalitionspartnerin der Neuen Partei zu gefährden.
Streit um Mehrwertsteuer
Zuletzt war der Schatten-Shogun beim der Thema der Mehrwertsteuererhöhung mit dem Regierungschef in die Haare geraten. Noda setzte mit Hilfe der Opposition eine Verdoppelung von 5 auf 10 Prozent bis 2015 durch. Nur so sei die hohe Schuldenlast zu bewältigen. Ozawa sprach von einem Betrug an der eigenen Wählerschaft. Die DPJ war 2009 mit dem Versprechen an die Macht gekommen, die Mehrwertsteuer unverändert zu lassen.
Der gescheiterte Rebellion könnte das politische Ende von Ozawa bedeuten. Bis zu 100 Abgeordnete zählte seine Faktion zu besten Zeiten. Im entscheidenden Moment jedoch entsagte ihm die Hälfte die Gefolgschaft und zog die Demokratische Partei vor. In der Bevölkerung hat er schon längst viele Sympathien verloren. Zu stark verkörpert er das alte Establishment, das sich zu gerne in Korruptionskandale verwickelt lässt. Aufgeben will Ozawa dennoch nicht. Er hat bereits die Gründung einer neuen Partei angekündigt.
Noda mit hauchdünner Mehrheit
Premier Noda wird künftig mit einer verkleinerten Partei seine Macht ausüben müssen. Manche sprechen von einem Vorteil, da die Demokratische Partei künftig mit einer Stimme sprechen kann. Wahrscheinlicher sind jedoch baldige Neuwahlen. Denn Nodas Zustimmungswerte sind mit 30 Prozent konstant tief. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die Mehrwertsteuererhöhung und das Wiederhochfahren des AKW Oi gross (Asienspiegel berichtete). Der von der DPJ vor 3 Jahren versprochene Bruch mit der Vergangenheit ist schon längst gescheitert.
Nodas Kampf um den Erhalt der hauchdünnen Mehrheit wird für ihn zu einem schwierigen, wenn nicht unmöglichen Balanceakt. Die internen Gegner und die Opposition warten nur auf den nächsten Fehltritt. Eine erneuter politischer Umbruch ist wohl kaum zu verhindern.
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