Der aufgeschobene Atomausstieg
Auf dem Papier scheint es klar zu sein: Japans Regierung will aus der Atomenergie aussteigen. Dies berichtet FNN News, dem ein offizieller Regierungsentwurf zur künftigen Gestaltung der Energiepolitik vorliegt.
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Darin heisst es, dass die Regierung alle möglichen Mittel einsetzen werde, um «bis in die 2030er-Jahre» auf Atomenergie komplett verzichten zu können. In den nächsten Tagen soll der Entwurf offiziell kommuniziert werden. Den USA, mit dem Japan ein Kooperationsabkommen für die Nuklearenergie pflegt, hat die Regierung bereits ihre Absichten mitgeteilt.
Hauptvoraussetzungen dafür ist die Limitierung der Laufzeit von AKW auf 40 Jahre. Zudem werden keine neuen Reaktoren mehr gebaut. Bestehende AKW werden genutzt, aber nur wenn sie in Stresstests für sicher befunden wurden.
Grosses Investitionsprogramm
Um die Energiewende zu schaffen, will die Regierung in den nächsten Jahren 84 Billionen Yen (834 Milliarden Euro) in Stromsparmassnahmen investieren. Damit soll der Energieverbrauch um 19 Prozent des Niveaus von 2010 reduziert werden. Zudem werden 38 Billionen Yen (377 Milliarden Euro) für die Entwicklung und den Bau erneuerbarer Energien verwendet. Speziell auf die Wasserkraft will der Staat setzen. Um das Achtfache sollen die Kapazitäten in diesem Bereich ausgebaut werden.
Auch die Regionen, die stark vom Betrieb ihrer lokalen Atomkraftwerke oder nuklearen Wiederverwertungsanlagen abhängig sind, sollen mit Subventionsprogrammen für die Umstellung auf neue Wirtschaftssektoren unterstützt werden. So könnte beispielsweise der Schnellbrüter Monju in der Präfektur Fukui zu einem Reaktor für wissenschaftliche Forschung umgenutzt werden.
Die Sorgen der USA
Richtig zufrieden stellen wird diese neu entworfene Energiepolitik niemanden wirklich. Die grossen Atomenergiestaaten USA, Frankreich, und Grossbritannien sorgen sich um die Entwicklung der Rohstoffpreise.
«Sollte die drittgrösste Volkswirtschaft auf Atomenergie verzichten, wird das auch einen Einfluss auf den Preis des Erdöls haben», liess sich Washington gemäss Tokyo Shimbun zitieren. Da immer noch 48 Reaktoren abgeschaltet sind, ist der Import von Gas und Erdöl in Japan bereits massiv angestiegen.
Die japanischen AKW-Bauer wie Toshiba, Mitsubishi oder Hitachi haben bereits reagiert. Sie setzen voll auf den Export ihrer Technologie in Schwellenländer (Asienspiegel berichtete).
Die Zweifel der Anti-AKW-Gegner
Ob sich die Anti-AKW-Bewegung, die sich in den letzten Monaten in Japan etabliert hat, mit dem Entwurf zufrieden geben wird, ist zu bezweifeln. Zu unklar sind die Formulierungen, zu weit weg die Zielsetzungen. Der Plan wirkt in ihren Augen wie eine politische Ausrede.
Der Ausstieg wird auf die 2030er-Jahre angesetzt ohne einen klaren Zeitpunkt zu benennen. Ginge es alleine nach der Begrenzung von 40 Jahren Lebenszeit pro AKW, wären im Jahr 2030 noch ganze 20 Reaktoren im Betrieb. 2035 noch 9, 2039 5 und im Jahr 2045 noch 4. Eine kürzliche Umfrage ergab jedoch, dass rund die Hälfte der Japaner einen kompletten Ausstieg bis zum Jahr 2030 wünschen, wie die Mainichi Shimbun berichtete.
Ob zudem ein Wiederhochfahren der zurzeit stillgelegten Reaktoren für diese Gruppierungen überhaupt eine Option ist, steht ebenfalls auf einem anderen Blatt geschrieben.
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