«Ich will die AKW schnell beseitigen»
Die japanische Regierung hat ihre Atompolitik in den letzten Wochen zu einem einzigen Verwirrspiel gemacht. An einem Tag wird der Atomausstieg verkündet, um ihn am nächsten Tag wieder abzusagen (Asienspiegel berichtete).
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Zu diesem Chaos beigetragen hat auch Wirtschaftsminister Yukio Edano, als er den Weiterbau von 3 Reaktoren aus der Zeit vor der AKW-Katastrophe ankündigte, um gleichzeitig zu betonen, dass das letzte Wort die neu geschaffene nukleare Regulierungsbehörde haben werde (Asienspiegel berichtete).
Offenbar hatte Edano in dieser Verwirrung das Bedürfnis, Klartext zu sprechen. Gleich ein Buch hat der Wirtschaftsminister zur Energiepolitik geschrieben, wie die Chugoku Shimbun berichtet. «Was ich sagen muss, selbst wenn ich dafür angegriffen werde» (jap. Tatakaretemo Iwaneba Naranai Koto) heisst der Titel.
Verstaatlichung und Beseitigung
Darin hält der Minister seine persönliche Meinung zur Atompolitik fest. Viele darin erwähnte Punkte hat Edano schon in einigen Interviews geäussert, wie sein Wille, alle AKW verstaatlichen zu wollen. Nur so könne die Sicherheit garantiert werden. Zudem sei kein privates Unternehmen in der Lage, bei einem Unfall die finanziellen Folgekosten zu decken.
Überraschend ist jedoch sein klares Bekenntnis zum Atomausstieg. «Ich will die Atomreaktoren so rasch als möglich beseitigen», schreibt Edano darin. «Die AKW zahlen sich weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich aus.» Japan, das die Grösse von Kalifornien habe und dazu noch 128 Millionen Einwohner zähle, sei schlichtweg nicht in der Lage, die Gefahren der Atomenergie zu tragen. Was als Meisterwerk der modernen Technologie angesehen wurde, halte keiner Naturkatastrophe stand.
Der politische Balanceakt
Ein Atomausstieg sei jedoch nicht «über Nacht» möglich. Es sei eine aufwendige Aufgabe die Probleme, welche die Atomenergie produziert habe, zu überwinden, rechtfertigt der Wirtschaftsminister, der für die Energiepolitik des Landes zuständig ist, seinen politischen Balanceakt der letzten Monate. Sein Buch ist ein Versuch in der politischen Verwirrung Klarheit über seinen Standpunkt zu schaffen.
Konkret schlägt Edano vor, für unsicher befundene Reaktoren noch vor der angepeilten gesetzlichen Lebensspanne von maximal 40 Jahren ausser Betrieb zu nehmen. So würde Japan dem «AKW-Null-Zustand» schneller näher rücken.
Der schlaflose Edano
Edano wurde während der AKW-Katastrophe zum Gesicht der Regierung, als der damalige Kabinettssekretär tagelang ohne Schlaf über den Stand der Dinge zu informieren versuchte. Die japanische Internetgemeinschaft widmete ihm gar das Verb «edaru», was man mit «schlaflos bis zum Äussersten arbeiten» übersetzen kann.
Sein Buch kann auch als ein Versuch gewertet werden, sein damals gutes Images von damals wieder zurückzugewinnen. Denn spätestens nächstes Jahr stehen Neuwahlen an. Die Aussichten für seine Partei, die DPJ, stehen nicht gut.
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