Die verbotene Anti-AKW-Demo
Der 1903 erbaute Hibiya-Park, ein Wahrzeichen Tokios, hat eine abwechslungsreiche Geschichte hinter sich. Schon früh entwickelte sich der pittoreske Park zu einem Ort des Aufruhrs. 1905 kam es nach dem Ende des russisch-japanischen Krieges zu einer Demonstration, die in einer blutigen Ausschreitung endete. Die Bevölkerung war empört, dass das unterlegene Russland keinerlei Reparationszahlungen zu leisten hatte.
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Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Hibiya-Park zu einem Symbol einer jungen und bewegten Demokratie. 1960 wurde hier Asanuma Inejiro, der Vorsitzende der Sozialistischen Partei Japans, während einer Wahlkampfrede von einem jungen Nationalisten erstochen. 1971 begannen im Hibiya-Park die Ausschreitungen gegen die US-Rückgabebedingungen von Okinawa. Dabei ging das berühmte Matsumotoro-Restaurant in Flammen auf.
Der Anti-AKW-Park
Den selben Park hat sich auch Japans erstarkte Anti-AKW-Bewegung zu Nutze gemacht. Am 11. März und 29. Juli war der Hibiya-Park der Startpunkt für Demonstrationszüge gegen die Atomenergie. Alleine bei der Juli-Demo zählten die Veranstalter 27’000 Menschen. Am 11. November wollte die Bewegung erneut hier mobil machen, um schliesslich zum Parlamentsgebäude zu marschieren. Mit über 10’000 rechneten die Organisatoren.
Doch nun haben die Stadtbehörde, welche die Anlage verwaltet, zur Überraschung vieler den Demonstranten eine Absage erteilt, wie die Mainichi Shimbun berichtet. Die Stadtregierung scheint offenbar bewusst daraufhin gearbeitet zu haben. So muss seit August eine Bewilligung beantragt werden, die nur erteilt wird, wenn die Demonstranten eine der beiden öffentlichen Veranstaltungshallen mieten. Der Mietpreis wurde auf bis zu 250’000 Yen (2470 Euro) veranschlagt.
Vom Gericht abgewiesen
Der Antrag der Demonstranten wurde Ende Oktober schliesslich abgelehnt. Laut Begründung seien beide Veranstaltungshallen am 11. November schon gebucht. Die Organisatoren legten vor Gericht Beschwerde gegen das neue Bewilligungsverfahren der Stadt ein. Es sei ein Verstoss die Versammlungs- und Redefreiheit. Sie blitzten ab. Tokios Oberstes Gericht stützte den Entscheid der Stadt.
Für Ikuo Gonoi, Professor für Politik an der Takachiho Universität, ist diese Entwicklung besorgniserregend: «Der Hibiya-Park ist der symbolträchtigste Ort des Nachkriegsjapans. Wenn die Menschen diesen Platz nicht mehr brauchen dürfen, kommt dies einer Verweigerung der Demokratie, die wir nach dem Krieg aufgebaut hatten, gleich», erklärt er dem freien Journalisten Ryusaku Tanaka auf Blogos .
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