Eine Abrech­nung mit Tokio

Bürgermeister Sakurai in einem Interview.
Bür­ger­meis­ter Saku­rai in einem Inter­view. Screen­shot: youtube/​JAPAN­VOICES

«Die heu­ti­ge Poli­tik muss sich ändern. Wir müs­sen uns vom Sys­tem weg­be­we­gen, in dem Poli­ti­ker und Mas­sen­me­di­en eng zusam­men­ar­bei­ten.» Es sind die Wor­te von Kats­uno­bu Saku­rai, Bür­ger­meis­ter der Stadt Mina­m­i­so­ma am Ran­de der Sperr­zo­ne von Fuku­shi­ma. Hier ist die tie­fe Ent­täu­schung eines Direkt­be­trof­fe­nen der Drei­fach­ka­ta­stro­phe zu hören, des­sen Stadt von Japan und der Welt ver­ges­sen wurde.

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«Wir ändern unser Sys­tem nicht zum Bes­se­ren. Wir bewe­gen uns rück­wärts zu alten Gewohn­hei­ten», meint ein frus­trier­ter Saku­rai in einer Pres­se­kon­fe­renz des For­eign Correspondent’s Club in Tokio. Das Schwei­gen der Medi­en trägt nach Mei­nung Saku­rais dazu bei. Den Medi­en feh­le es an eine «Gefühl der Beru­fung» und zudem erhal­te die Bran­che viel Wer­be­gel­der von den Strom­pro­du­zen­ten. So wer­de sich nichts am Sta­tus­quo ändern. Sei­ne Rede hat Bizma​ko​to​.jp publiziert.

Der Bür­ger­meis­ter wur­de in den Tagen nach dem 11. März 2011 welt­be­rühmt. Sei­ne Stadt Mina­m­i­so­ma erleb­te damals den Alb­traum. Der Tsu­na­mi hat­te 2000 Häu­ser weg­ge­schwemmt, 1000 Men­schen ver­lo­ren damals ihr Leben. Wäh­rend Tagen war­te­te Saku­rai auf Hil­fe des Staa­tes. Erst als ein You­tube-Video um die Welt ging, in dem er über die pre­kä­re Lage sei­ner Stadt berich­te­te, erfuhr Mina­m­i­so­ma eine Wel­le der Soli­da­ri­tät (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Kei­ne Hil­fe aus Tokio

Seit­her kämpft Saku­rai uner­müd­lich dar­um, dass sein Mina­m­i­so­ma nicht in Ver­ges­sen­heit gerät (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Denn die Stadt in der Prä­fek­tur Fuku­shi­ma ist noch weit vom All­tag ent­fernt. Die Ein­woh­ner­zahl ist von 70’000 auf 45’000 zurück­ge­gan­gen. Mit Aus­nah­me von zwei Bezir­ken liegt Mina­m­i­so­ma knapp aus­ser­halb des Sperr­ge­biets. Trotz­dem haben die Behör­den auch hier mit loka­len Hot­spots und teil­wei­se einer höhe­ren Strah­lung als in der Sperr­zo­ne zu kämp­fen. Die Dekon­ta­mi­nie­rung kommt nur schlep­pend vor­an. Noch immer gibt es kei­nen Ent­scheid über per­ma­nen­te Lager­stät­ten (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Von der Zen­tral­re­gie­rung erwar­tet Saku­rai über ein­ein­halb Jah­re nach der Kata­stro­phe nichts mehr. Er fühlt sich im Stich gelas­sen. Die Poli­ti­ker auf natio­na­ler Ebe­ne hät­ten nichts aus der Kata­stro­phe gelernt. Es wer­de so getan, als hät­te sich die Lage in Fuku­shi­ma geklärt. Dabei hät­te doch die Kata­stro­phe zu einem Wen­de­punkt für Japan wer­den müs­sen, mein­te Saku­rai an der Pressekonferenz.

Doch nun sei­en Regie­rung wie Oppo­si­ti­on wie­der auf Atom­kurs, obwohl die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung sich wie­der­holt dage­gen aus­ge­spro­chen habe. Wes­halb Tokio im AKW Oi zwei Reak­to­ren wie­der anschal­ten liess, hät­ten gera­de die Men­schen in Mina­m­i­so­ma nicht ver­stan­den. «Es fühlt sich an, als hät­te man uns weg­ge­wor­fen», zitiert Saku­rai die Reak­ti­on eines Betrof­fe­nen, der in Mina­m­i­so­ma in einem pro­vi­so­ri­schen Fer­tig­haus lebt.

Saku­rais Botschaft

Auf­ge­ben will Kats­uno­bu Saku­rai den­noch nicht. Er rich­tet mit sei­ner Stadt den Blick in die Zukunft. In Mina­m­i­so­ma sol­len künf­tig Indus­tri­en, die auf erneu­er­ba­re Ener­gi­en set­zen, geför­dert wer­den. Von der Poli­tik in Tokio erwar­tet er, dass sie mehr auf die Men­schen hört. «Denn das Wie­der­auf­blü­hen Japans hängt vom Wie­der­auf­blü­hen Fuku­shi­mas ab.»

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