Ungleiche Aufzüge
13 Opernsängerinnen blieben am vergangenen Sonntag in einem Aufzug einer Konzerthalle in der japanischen Stadt Kashihara, Präfektur Nara, stecken. Über 1 Stunde dauerte es, bis die Feuerwehr die Damen aus dem Fahrstuhl befreien konnte. Glücklicherweise gab es keine Schwerverletzten, lediglich 2 bis 3 Betroffene klagten über leichtes Unwohlsein.
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Der Lift fasst offenbar eine maximale Kapazität von nur 11 Personen. Die Behörden gehen auch der Frage nach, weshalb sich der Lift trotz des scheinbaren Übergewichts in Bewegung setzte. Die geplante Oper fand übrigens ohne die 13 Sängerinnen statt.
Was bei diesem Unfall auffällt: Die Nachricht über den Zwischenfall fand in den japanischen Medien keine allzu starke Verbreitung. Der Name des Liftherstellers? Erst bei genauerem Suchen findet der Leser in einem Artikel der Sankei Shimbun in Klammern den Namen des Liftherstellers. Es handelte sich um den eher kleineren Produzenten Sansei Yusoki aus Osaka.
Zwei tödliche Unfälle
Schlimmeres passierte am 3. Dezember 2012, als ein Lieferaufzug für Esswaren in einem Restaurantgebäude in Nagoya mit offener Tür in den nächsten Stock fuhr. Eine Angestellte, die gerade den Aufzug am Putzen war, wurde dabei eingeklemmt. 3 Tage später erlag sie ihren Verletzungen. Die Nikkei Shimbun schrieb damals von einem «inländischen Hersteller für Warenlifte».
Am selben Tag wurde in der Stadt Himeji, Präfektur Hyogo, ein Mann beim Benutzen eines Warenaufzugs in einer Lederwarenfabrik tödlich eingeklemmt, wie die Nachrichtenagentur Jiji damals berichtete. Der Hersteller des betroffenen Aufzugs blieb in der kurzen, sachlichen Meldung ungenannt.
In einem Land der Hochhäuser sind Fahrstühle die Norm. Auch damit verbundene Unfälle oder Zwischenfälle sind trotz hoher Sicherheitsanforderungen keine Seltenheit. Kein Hersteller bleibt davon verschont. Auffallend unterschiedlich ist jedoch der Umgang der Medien und der Öffentlichkeit mit solchen Ereignissen, gerade in den letzten Jahren.
Der Fall Schindler
Als im November 2012 eine 63-jährige Mitarbeiterin einer Reinigungsfirma bei einem Hotelunfall in einem Fahrstuhl tödlich verunglückte, war für den Schweizer Hersteller Schindler Japan die Hölle los. In einer eigens anberaumten Pressekonferenz entschuldigte sich der Chef von Schindler Japan (Asienspiegel berichtete) für den tragischen Unfall.
Während Tagen berichteten die japanischen Medien über den Vorfall und die anschliessende polizeiliche Hausdurchsuchung in einer Zweigstelle in Nagoya. Auf Twitter empörten sich die User über die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen des Schweizer Liftherstellers.
«Inländischer Hersteller»
Eine nur vergleichsweise ähnliche Reaktion blieb bei den Unfällen im Dezember und am vergangenen Sonntag aus. Namen wurden kaum genannt. In den meisten Medienberichten beschränkte man sich auf die Bezeichnung «inländischer Hersteller». Sicherheitsbedenken? Nicht wirklich.
Schindler Japan kam bereits 2006 in die Schlagzeilen in Japan, als ein Highschool-Schüler durch einen Aufzug der Schweizer Marke tödlich verunfallte. Aus dem Unfall wurde schliesslich ein wochenlanger Medienskandal, weil sich die Führung von Schindler nicht sofort in aller Öffentlichkeit entschuldigt hatte.
Bleibender Imageschaden
Von diesem Vorfall hat sich Schindler in Japan nicht mehr erholt. Googelt man heute auf Japanisch die Stichworte «Unfall» und «Fahrstuhl», so erscheint fast nur der Name Schindler. Im japanischen Wikipedia-Eintrag der Firma, der bei der Suche an zweitoberster Stelle erscheint, werden akribisch genau die Zwischenfälle der Firma aufgelistet. Spricht man einen Japaner auf Schindler an, ist eine hämische Reaktion vorprogrammiert.
Nach den jüngeren Zwischenfällen in japanischen Aufzügen stellt sich die Frage, wo die mediale Strenge geblieben ist? Oder anders gefragt: Was wäre passiert, wenn die Opernsängerinnen am vergangenen Sonntag in einem Schindler-Aufzug steckengeblieben wären?
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