Vom Symbol zum Staatsoberhaupt?
Japans Nachkriegsverfassung ist seit 65 Jahren in Kraft. Von den der ehemaligen Besatzungsmacht USA formuliert, ist seit ihrer Einführung 1947 unverändert geblieben. Keine noch so grosse Regierungsmehrheit konnte daran etwas ändern. Die Verfassung gilt unter Rechtsexperten als eine der modernsten überhaupt.
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Premier Shinzo Abe würde sie jedoch am liebsten heute noch ändern. Er und seine Regierungspartei LDP halten das Gesetzeswerk für nicht mehr adäquat. Ausserdem ist in den Augen vieler Konservativer die Verfassung eine von den USA erzwungenes Gesetzeswerk, das nicht dem Willen der japanischen Bevölkerung entspricht.
Speziell der Verzicht auf Kriegsführung zur Lösung internationaler Konflikte im Artikel 9 sowie die Bezeichnung des Kaisers (jap. Tenno) als Symbol des Staates im Artikel 1 sind ihnen ein Dorn im Auge. Mit einer Zweidrittelmehrheit, der Reformpartei der Populisten und der Minna-no-To-Parei im Rücken, will Abe nun vorwärts machen.
Zwei Revisionsvorschläge
Der Premier hat eine Kommission des Unterhauses damit beauftragt, Revisionsvorschläge für die Verfassung zu unterbreiten. Dabei lehnt sich Shinzo Abe weit aus dem Fenster. Geht es nach seiner Partei, soll der Tenno wieder zum offiziellen Staatsoberhaupt erklärt werden, ganz nach dem Vorbild der parlamentarischen Monarchien in europäischen Ländern.
Die USA hatten den Tenno nach dem Krieg zum einfachen Symbol Japans ohne weitere Kompetenzen degradiert. Zudem musste er auf seine Göttlichkeit und Unantastbarkeit, wie es in der alten Meiji-Verfassung stand, verzichten.
Shinzo Abe hält diesen Status für unangepasst. Es sei doch eine nicht zu verleugnende Tatsache, dass der Tenno faktisch noch immer als Staatsoberhaupt angesehen werde. Die Revision sei daher nur eine Anpassung an die Realitäten. Die drei Parteien fordern zudem auch ein Recht zur kollektiven Selbstverteidigung. Nur so könne Japan auf das sich verändernde geopolitische Umfeld reagieren.
Die Gegner
Die oppositionelle Demokratische Partei, die Sozialdemokraten wie auch die Koalitionspartei der LDP, die New Komeito, sehen dies skeptisch. Sie sehen eine Veränderung des Tenno- oder des Kriegsverzichtsstatus als nicht notwendig an. Gerade diese beiden Verfassungsartikel hätten Japan davor bewahrt, in weitere kriegerische Unternehmen zu stürzen.
Der Weg zu einer Verfassungsrevision wird trotz Zweidrittelmehrheit im Unterhaus lange sein. So bräuchte die LDP auch im Oberhaus, wo zumindest bis zu den nächsten Wahlen im Sommer noch die Demokratische Partei noch in der Mehrheit ist, ebenfalls ein Zweidrittelmehr.
Referendum notwendig
Am Ende müsste dann auch die Bevölkerung in einem Referendum mit einer einfachen Mehrheit einer Artikelrevision zustimmen. Eine Verfassungsänderung bleibt selbst mit den jetzigen Kräfteverhältnissen noch in relative weiter Ferne.
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