Die kommerzielle Stadtbibliothek
Was tun, wenn für die Stadtbibliothek kein Geld mehr übrig ist? Vor dieser Frage stand die Stadt Takeo in der Präfektur Saga auf der Südinsel Kyushu. Die Antwort darauf ist aussergewöhnlich und kontrovers.
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So zeigte sich der Konzern Culture Convenience Club (CCC), der mit Tsutaya Japans grössten Buch- und Videohandel führt, für eine Kollaboration mit der Stadtbibliothek bereit. Gleich 300 (2,5 Mio. Euro) der total 750 Millionen Yen (6,2 Mio. Euro) teuren Renovation der alten Stadtbibliothek übernahm Tsutaya gleich selbst.
Im Gegenzug erhielt der Buchhändler das Recht, für mindestens 5 Jahre die neue Bibliotheksfläche auf kommerzielle Art zu führen. Die Fläche für das klassische Stadtarchiv sowie die Anzahl Leihbücher und Sitzplätze wurden fast verdoppelt. Im zweiten Stock gibt es einen schallgeschützten Bereich fürs Lernen.
Durchgehend offen
Neu ist die Bibliothek auch das ganze Jahr über von 9 bis 21 Uhr geöffnet. Zuvor gab es 34 Feiertage und eine beschränkte Öffnungszeit zwischen 10 und 18 Uhr. iPads helfen bei der Büchersuche.
In einem anderen Teil der Bibliothek verkauft Tsutaya seine Bücher und verleiht Filme wie auch Musik. Ausserdem hat sich in der Bibliothek auch ein Starbucks niedergelassen.
Das neue Konzept scheint auf Anklang zu stossen. Seit der Eröffnung vor ein paar Tagen hat sich die Anzahl der täglichen Besucher im Vergleich zum Vorjahr gleich versechsfacht, wie die Yomiuri Shimbun berichtet. Tsutaya hofft auf 500’000 Besucher pro Jahr.
Kritik am neuen Modell
Das sind gute News für die Stadtbibliothek Takeo. Gleichzeitig hat dieses neue Modell einige Kritik verursacht. Tsutaya hat für die Ausleihe in der klassischen Bibliothek eine Punktekarte eingeführt, mit der der Kunde automatisch die Bücher ausleihen kann. Gleichzeitig erhält er dafür Punkte, die ihm im Starbucks oder auch beim Kauf eines Buches einen Rabatt gewähren.
Dies sei ein kommerzieller Missbrauch des Datenschutzes, sagen die Kritiker. Tsutaya hat darauf reagiert. So gibt sie dem Kunden weiterhin die Möglichkeit mit der alten Bibliothekskarte die Bücher auszuleihen. Ausserdem würden alle relevanten Daten nach Rückgabe des Buches von der Punktekarte gelöscht.
Die Automatisierung
Eine weitere Kritikpunkt an der Punktekarte ist die Vermischung einer unentgeltlichen, öffentlichen Ausleihe mit einem kommerziellen Angebot. Zudem habe man mit der Punktekarte und der damit einhergehenden Automatisierung schlichtweg Personalkosten sparen wollen. Hier stehe der Profit über allem.
Tsutaya bestätigt, dass in der klassischen Stadtbibliothek der Personalbestand abgebaut wurde. Dennoch habe man für alle Bereichen des neuen Komplexes insgesamt 50 Stellen geschaffen. Zuvor seien es nur 23 gewesen.
Tsutayas Antwort
Muneaki Maseda, Konzernchef von CCC Tsutaya, versteht die Aufregung nicht. «Mit der Verbreitung des Internets hat sich auch die Gesellschaftsstruktur verändert. Auch die Bibliotheken müssen sich dem anpassen», erklärt er der Mainichi Shimbun.
CCC sei ein gewinnorientiertes Unternehmen. So ist für Maseda auch klar: «Gibt es keinen Gewinn, dann ziehen wir uns aus Takeo zurück.» Die nächsten 5 Jahre werden zeigen, ob das Tsutaya-Bibliotheksmodell Zukunft hat.
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