Ein AKW vor Gericht
Erstmals seit der AKW-Katastrophe von Fukushima im März 2011 musste in Japan ein Gericht über die Sicherheit eines Kernkraftwerks befinden. So wollte es eine Zivilklage von mehreren Bewohnern aus den Präfekturen Osaka, Kyoto, Fukui, Gifu, Shiga, Nara, Wakayama und Hyogo.
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Sie forderten vom Bezirksgericht in Osaka eine sofortige Abschaltung der Reaktoren 3 und 4 im AKW Oi in der Präfektur Fukui. Es ist das einzige AKW im ganzen Land, das zurzeit noch in Betrieb ist (Asienspiegel berichtete).
Zu gross sei die Gefahr eines Unfalls bei einem grossen Erdbeben. Dies habe die Erfahrung von Fukushima gezeigt. Das AKW Oi erfülle nicht die Sicherheitsstandards und liege ausserdem unter einer aktiven Verwerfung.
«Vernünftige Sicherheitsstandards»
Das Gericht in Osaka wies die Klage ab. Die zurzeit noch bestehenden provisorischen Sicherheitsstandards im AKW Oi seien «aus der Sicht des heutigen Wissensstandes der Wissenschaft und Technologie vernünftig», selbst bei einem grössere Erdbeben. Für die Zivilkläger ist es ein «Urteil gegen den Lauf der Zeit».
Der Entscheid der Richter deutet darauf hin, dass sie sich nach dem Präzedenzfall von 1992 richten, wonach das Oberste Gericht bezüglich der Sicherheit des AKW Ikata entschied, dass alleine die von der Regierung vorgegebenen Sicherheitsstandards als Kriterium für ein Urteil dienen. Auf individuelle Bedenken oder die Frage, wie sicher ein AKW unabhängig der offiziellen Vorgaben wirklich ist, scheint sich die Justiz selbst nach Fukushima heraushalten zu wollen.
Nächster Entscheid im Juni
Es wird nun an der Nuklearen Regulierungsbehörde (NRA) sein, über die Sicherheit des AKW Oi zu entscheiden. Im Juli werden ihre neu geschaffenen Sicherheitsstandards in Kraft treten. Die Hürden für ein Wiederhochfahren von AKW-Reaktoren wurden damit massiv erhöht.
So müssen alle AKW das Hauptstromkabelnetz auf ihrem Gelände mit einem Brandschutzmittel versehen. Hinzu kommen der Bau eines zweiten Kontrollraums in sicherer Distanz und neue Entlüftungseinrichtungen mit Schutzfiltern gegen radioaktiven Ausstoss, um eine Wasserstoffexplosion wie in Fukushima zu verhindern.
Die Sicht des AKW-Betreibers
Das AKW Oi erfüllt im Moment keine dieser neuen Auflagen. Ein zweiter Kontrollraum ist erst für 2015 geplant. Betreiber Kansai Electric betont jedoch, dass man bis dahin ein erdbebensicheres Provisorium nutzen werde. Auch die neue Entlüftungseinrichtung fehlt. Doch auch hier betont der Betreiber, dass man für die Installation fünf Jahre erhalten habe. Zudem werde man bis nächsten März eine Tsunami-Schutzmauer fertigstellen.
Die Nukleare Regulierungsbehörde wird bis Ende Juni entscheiden müssen, ob die Sicherheitsgarantien von Kansai Electric auch tatsächlich ausreichen. Der AKW-Betreiber hat vorsorglich schon gestern seinen Rechenschaftsbericht vorgelegt, wie die Asahi Shimbun berichtet.
Demnach entspreche das AKW Oi den neuen Anforderungen, heisst es darin. Ausserdem liege das AKW laut der Ansicht des Betreibers unter keiner aktiven Verwerfung. Eine unabhängige Untersuchung ist diesbezüglich noch im Gange.
Im September wird abgeschaltet
Das Ziel von Kansai Electric ist es, das AKW Oi zumindest über die heissen Sommermonate hinweg in Betrieb zu lassen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Der Gerichtsentscheid von Osaka wird den Kansai Electric Auftrieb gegeben haben.
NRA-Chef Shunichi Tanaka hat zudem angedeutet, dass dass man neue Sofortmassnahmen im AKW Oi bei der Beurteilung für den Juli miteinbeziehen werde (Asienspiegel berichtete).
Die vorläufige Abschaltung im September kann der Stromproduzent jedoch nicht verhindern. Im Herbst werden die Reaktoren 3 und 4 für Unterhalts- und Sicherheitschecks vom Netz genommen, so will es das japanische Gesetz.
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