Okinawa im Visier Chinas

Wem gehört Okinawa? Diese Frage stellten sich die zwei chinesische Akademiker Zhang Haipeng und Li Guoqiang in der People’s Daily (Renmin Ribao), dem offiziellen Blatt der Kommunistischen Partei. Diese Frage müsste aus einer historischen Sicht nochmals überdacht werden, kamen sie zum Schluss. Die beiden gehören dem staatlichen Thinktank Chinese Academy of Social Sciences an.
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Die Ryukyu-Inseln, zu der die Hauptinsel Okinawa gehört, hätten als eigenständige Monarchie über Jahrhunderte Tribut an China bezahlt. 1879 habe das imperialistische Japan schliesslich die Monarchie abgeschafft und die Inselgruppe als Präfektur Okinawa einverleibt. Deshalb sei es durchaus angebracht, die Zugehörigkeit der Inselgruppe in Frage zu stellen.

Okinawa als Spielball der Grossmächte
Die Inselgruppen um Okinawa mit rund 1,4 Millionen Einwohnern bilden den südlichsten Teil Japans. Die US-Armee besitzt hier einen Grossteil all ihrer Stützpunkte in Japan. Rund zwei Drittel der 40’000 im Land stationierten US-Soldaten sind auf Okinawa.
Die Ryukyu-Inseln waren über Jahrhunderte eine Monarchie, die stets im Einflussbereich Japans und China stand. Um die guten Handelsbeziehungen und eine Autonomie aufrechtzuerhalten, leistete das kleine Königreich nicht nur China, sondern auch Japan über Jahrhunderte Tributzahlungen. Dabei übte die ehemalige japanische Provinz Satsuma eine starke Kontrolle über Okinawa aus, das zu einem wichtigen Handelsumschlagplatz zwischen China und dem isolierten Japan wurde.
In der Modernisierungszeit Japans wurden die Inseln ab 1879 zu einer offiziellen Präfektur des Landes umgewandelt und die Ryukyu-Monarchie endgültig abgeschafft. Im Zweiten Weltkrieg eroberten die USA unter schwerste Verlusten die Insel. 27 Jahre blieb Okinawa unter amerikanischer Kontrolle. 1972 folgte die Rückgabe an Japan, inklusive der umstrittenen Senkaku/Diaoyu-Inseln, die auch China und Taiwan für sich beanspruchen. Durch die Sicherheitsallianz mit Japan haben sich die USA bis heute eine starke Präsenz auf der geostrategisch bedeutsamen Inselgruppe gesichert.
Die Reaktion aus Tokio
Japans Kabinettssekretär Yoshihide Saga kritisierte den Artikel in der People’s Daily. Sollte dieser die offizielle Sicht der chinesischen Regierung reflektieren, würde er entschieden dagegen protestieren, zitiert ihn die Yomiuri Shimbun. Es gebe keinen Zweifel, dass Okinawa historisch und nach internationalem Recht Teil Japans seien.
Chinas Aussenministerium antwortete, dass dieser Artikel lediglich im Namen zweier Wissenschaftler geschrieben worden sei, verzichtete aber mit einem diplomatischen Wortlaut auf eine klare Haltung. «Die Geschichte der Ryukyu-Inseln sind schon länger ein akademisches Problem», sagte Pressesprecherin Hua Chunying und fuhr fort: «Ich wiederhole, dass die Diaoyu-Inseln (Senkaku-Inseln) Teil von Chinas Territorium sind und nie Teil von Ryukyu oder Okinawa waren.»
Was steckt dahinter?
Dass über Okinawa auch in Zukunft nicht verhandelt wird, weiss auch China. Vielmehr muss der Zeitungskommentar als ein strategisches Mittel im Legitimationskampf um die umstrittenen Senkaku-Inseln südlich von Okinawa gewertet werden. Seit Monaten leiden die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder durch die Streitigkeiten (Asienspiegel berichtete).
Der Historiker Willy Wo-Lap Lam von der Chinese University of Hongkong erklärt es der Nachrichtenagentur Bloomberg folgendermassen: «Das ist eine psychologische Kriegsführung und eine klassische chinesische Verhandlungsart. Indem man den Einsatz erhöht, soll der Gegner eingeschüchtert werden.»
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