«Keine Toten wegen Fukushima»
«Es gibt keine Todesfälle, die in direktem Zusammenhang mit dem AKW-Unfall von Fukushima stehen»: Die Fürsprecher der Kernenergie verwenden gerne dieses Argument. Die Aussage ist so auch nicht falsch. Selbst die UN-Organisation UNSCEAR schrieb in einem Bericht Ende Mai, dass die Strahlenbelastung nach dem AKW-Unfall keinen unmittelbaren Einfluss auf die Gesundheit hatte.
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Unter den bislang 25’000 Arbeitern sei kein Todesfall auszumachen, der mit der erhöhten Strahlenbelastung in Verbindung gebracht werden könne. Es sei auch unwahrscheinlich, dass irgendwelche gesundheitliche Auswirkungen auf die Bevölkerung oder die Rettungsarbeiter in einen direkten Zusammenhang mit Fukushima gestellt werden können. Die rechtzeitige Evakuierung der Menschen habe dazu beigetragen, dass das Risiko für eine spätere Krebserkrankung um den Faktor 10 reduziert wurde.
Auch Sanae Takaichi, Strategie-Chefin der Regierungspartei, verwendete bei einer Rede in Kobe von letzter Woche, wo sie sich für das Wiederhochfahren der AKW-Reaktoren aussprach, dasselbe Argument. Es gäbe keine Todesfälle, die in direktem Zusammenhang mit dem AKW-Unfall stünden. Es sei zudem die Aufgabe der Regierung, die grösste Sicherheit bei der Nutzung von AKW-Reaktoren zu gewährleisten.
Die Folgen von Fukushima
Das mag alles so stimmen. Tatsache ist jedoch, dass gemäss Angaben der Wiederaufbaubehörde bis heute 106’000 Menschen wegen der erhöhten Strahlung nicht zurück in ihre Häuser dürfen. Die Zahl der indirekten Todesfälle durch den AKW-Unfall wurde letzten August auf 1263 beziffert. Dazu gehören Selbstmorde (Asienspiegel berichtete) oder Sterbefälle infolge verspäteter medizinischer Versorgung.
In der Präfektur Fukushima leben laut der New York Times heute 60’000 Menschen weniger als noch vor der Katastrophe. Sie alle haben ihre Heimat aus Angst vor der Strahlung verlassen. Auch der wirtschaftliche Schaden für die lokale Fischerei und Landwirtschaft ist immens.
Viele Probleme im zerstören AKW und in der Umgebung bleiben bis heute ungelöst. Die Behörden und AKW-Betreiber TEPCO werden noch Jahrzehnte mit dieser Katastrophe zu tun haben. Auch der selbe UNO-Bericht betont, dass weitere Beobachtungen und systematische Gesundheitskontrollen, gerade bei Kindern, unablässig seien. Ohnehin dauert ein statistischer Nachweis von Todesfällen infolge der Strahlenbelastung mehrere Jahre (Asienspiegel berichtete).
Die Schadensbegrenzung
Entsprechend wirft die Aussage von Politikerin und Strategie-Chefin Sanae Takaichi ein fragwürdiges Licht auf die Regierungspartei LDP und offenbart wenig Feingefühl gegenüber den Betroffenen der Katastrophe. Kabinettssekretär Yoshihide Suga sah sich denn auch nur einen Tag später gezwungen, sich in Schadensbegrenzung zu üben. Die Regierung und die LDP seien sich sehr wohl über die Schwere des Unfalls und seiner Folge bewusst.
Auch Sanae Takaichi sprach von einem Missverständnis. Sie sei sich sehr wohl über alle Auswirkungen von Fukushima bewusst. Das Wiederhochfahren der AKW-Reaktoren unterstütze sie auf keinen Fall aufgrund der Tatsache, dass es keine direkten Todesfälle gegeben habe. Ob damit der politische Schaden behoben ist?
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