Hayao Miya­za­ki bezieht Stellung

Anime-Meister Hayao Miyazaki.
Ani­me-Meis­ter Hayao Miya­za­ki. Foto: flickr/​deten­ga­se

Hayao Miya­za­ki sorgt der­zeit für viel Schlag­zei­len und dies nicht nur wegen sei­nes neus­ten, unge­wöhn­lich rea­lis­ti­schen Wer­kes Kaze Tachinu (Asi­en­spie­gel berich­te­te), das seit letz­tem Sams­tag die Kas­sen in den japa­ni­schen Kino klin­gen lässt.

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Aus Sor­ge vor der aktu­el­len innen­po­li­ti­schen Ent­wick­lung, hat­te der Grün­der von Stu­dio Ghi­b­li noch vor den Ober­haus­wah­len poli­tisch Stel­lung bezo­gen. Sei­ne unmiss­ver­ständ­li­che Bot­schaft: Pre­mier­mi­nis­ter Shin­zo Abe soll die Fin­ger von der Ver­fas­sung lassen.

In einer Son­der­aus­ga­be des haus­ei­ge­nen Maga­zins Nep­pu beschreibt er aus­führ­lich sei­ne ganz per­sön­li­che Hal­tung zu den poli­tisch kon­tro­ver­sen The­men, die Japan unter einem erstark­ten Pre­mier­mi­nis­ter Abe in den nächs­ten Jah­ren beschäf­ti­gen wird.

Die pazi­fis­ti­sche Verfassung

Miya­za­ki selbst ist 1941 in Tokio gebo­ren. Vier Jah­re spä­ter hat­te sein Land den Zwei­ten Welt­krieg ver­lo­ren. 1947 trat die von den ame­ri­ka­ni­schen Besat­zern for­mu­lier­te pazi­fis­ti­sche Ver­fas­sung in Kraft. Bis heu­te ist sie unver­än­dert geblie­ben. Sie ist zur Grund­la­ge eines fried­vol­len und pro­spe­rie­ren­den Nach­kriegs­ja­pan geworden.

Dar­in ver­pflich­tet sich Japan im Arti­kel 9 auf Krieg als sou­ve­rä­nes Recht einer Nati­on und den Unter­halt einer Armee zu ver­zich­ten. Als Kon­se­quenz dar­aus führt Japan heu­te kei­ne Armee, son­dern soge­nann­te Selbst­ver­tei­di­gungs­streit­kräf­te, die aus Berufs­sol­da­ten bestehen. Erst eine gross­zü­gi­ge Inter­pre­ta­ti­on der Ver­fas­sung hat die­ses Kon­strukt ermög­licht. Der Kai­ser wur­de zudem vom gött­li­chen Staats­ober­haupt zum ein­fa­chen Sym­bol ohne wei­te­re Voll­mach­ten degradiert.

Gene­ra­tio­nen von kon­ser­va­ti­ven Regie­rungs­po­li­ti­kern haben in den letz­ten Jahr­zehn­ten ver­geb­lich ver­sucht, den Arti­kel 9 zu ändern, den sie als unge­recht­fer­tig­te Ein­schrän­kung der Sou­ve­rä­ni­tät Japans sehen. Zu hoch sind jedoch die Hür­den. So braucht es für eine Ver­fas­sungs­än­de­rung gemäss Arti­kel 96 in bei­den Häu­sern eine Zwei­drit­tel­mehr­heit und schliess­lich noch eine öffent­li­ches Referendum.

Kri­tik an Abe

Pre­mier­mi­nis­ter Shin­zo Abe, des­sen Regie­rungs­ko­ali­ti­on nun im Unter- wie im Ober­haus eine Mehr­heit besitzt (Asi­en­spie­gel berich­te­te), möch­te die­se Hür­den kna­cken, indem er zunächst den Arti­kel 96 ändert. Geht es nach sei­nen Vor­stel­lun­gen soll künf­tig eine ein­fa­che Mehr­heit für eine Ver­fas­sungs­än­de­rung aus­rei­chen. In einem zwei­ten Schritt könn­te schliess­lich der Arti­kel 9 fal­len (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Für Miya­za­ki wäre dies ein Schre­ckens­sze­na­rio: «Ich bin ent­schie­den gegen eine Ände­rung der Ver­fas­sung. Einen Nut­zen aus einer tie­fen Wahl­be­tei­li­gung zie­hen und ernst­haft über eine Ver­fas­sungs­än­de­rung nach­zu­den­ken, ist inak­zep­ta­bel», schrieb er in Vor­weg­nah­me der sieg­rei­chen Ober­haus­wah­len von Abes LDP, ohne dabei einen Namen zu nen­nen. Die Idee, zuerst den Arti­kel 96 zu ändern, sei nichts ande­res als «ein Betrug».

Miya­za­kis Kindheitserinnerungen

Er sei bestürzt über den Man­gel an his­to­ri­schen Kennt­nis­sen unter den füh­ren­den Poli­ti­kern Japans. «Men­schen, die nicht genü­gend nach­den­ken, soll­ten sich nicht in Ver­fas­sungs­an­ge­le­gen­hei­ten ein­mi­schen.» In sei­nem Kom­men­tar beschreibt der Ani­me-Meis­ter aus­führ­lich sei­ne eige­ne Kind­heit in der schwie­ri­gen Nach­kriegs­zeit. Als Jun­ge habe er die Geschich­ten über die ent­setz­li­chen Taten der japa­ni­schen Armee in Chi­na gehört. Er habe sich damals für sein Land geschämt.

Zu sagen, dass nicht nur Japan Täter war, sei kei­ne Recht­fer­ti­gung. Es sei Zeit, dass sich Japan für sei­ne Kriegs­ver­bre­chen nicht nur in aller Form ent­schul­di­ge, son­dern auch den Opfern, wie den «Trost­frau­en», eine offi­zi­el­le Ent­schä­di­gung zah­le. «Gewis­se Leu­te behar­ren dar­auf, dass das Vor­kriegs­ja­pan nicht schlech­tes gemacht habe. Wir haben aber etwas schlech­tes gemacht.»

Wegen der his­to­ri­schen Erfah­run­gen soll­te Japan die Selbst­ver­tei­di­gungs­trup­pen nicht zu einer Armee auf­wer­ten, meint Miya­za­ki wei­ter. Eine Wehr­pflicht lehnt er vehe­ment ab: «Befür­wor­ter eines sol­chen Sys­tems sol­len zuerst selbst in den Krieg ziehen.»

Es sei auch an der Zeit, die ter­ri­to­ria­len Strei­tig­kei­ten mit Chi­na und Süd­ko­rea fried­lich zu lösen. Strei­ten oder vor Gericht gehen, sei in die­sem Fall sinn­los. Ent­we­der tei­le man die­se Ter­ri­to­ri­en, oder man ver­wal­te sie gemein­sam, so Miya­za­kis Vorschlag.

Hür­den blei­ben hoch

Die Auf­la­ge die­ser Son­der­aus­ga­be von Nep­pu, in der auch Ani­me-Regis­seur Isao Taka­ha­ta und Pro­du­zent Toshio Suzu­ki mit­ge­wirkt haben, war in den Buch­lä­den in kür­zes­ter Zeit ver­grif­fen. Aus die­sem Grund hat Stu­dio Ghi­b­li die kom­plet­te Aus­ga­be online gestellt. Bis 20. August kann die­se von dort her­un­ter­ge­la­den wer­den.

Mit sei­nem poli­ti­schen State­ment konn­te Miya­za­ki zwar den Wahl­sieg der LDP nicht ver­hin­dern, den­noch hat die Regie­rungs­par­tei die not­wen­di­ge Zwei­drit­tel­mehr­heit im Ober­haus ver­passt. Auch für Abe wird es damit kei­ne ein­fa­che, wenn nicht unmög­li­che Auf­ga­be den Arti­kel 96 zu ändern.

Es ist übri­gens nicht das ers­te Mal, dass das Stu­dio Ghi­b­li poli­tisch Stel­lung bezo­gen hat. Nach der AKW-Kata­stro­phe von Fuku­shi­ma stell­ten sich die Ani­me-Macher medi­en­wirk­sam auf die Sei­te der AKW-Geg­ner (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

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