Abe widerspricht Koizumi
Ex-Premier Junichiro Koizumi hat sich vor einigen Wochen zum bekennenden AKW-Gegner gewandelt (Asienspiegel berichtete). Das hat viele überrascht. Immerhin war er noch während seiner fünfjährigen Amtszeit ein bekennender Atombefürworter.
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Lange schwieg Premierminister Shinzo Abe zu den Aussagen seines Mentors und Parteikollegen. Während einer Parlamentssitzung hat er nun Stellung genommen und sich deutlich gegen seinen politischen Ziehvater gestellt.
«Ich denke, dass es unverantwortlich ist, zu diesem Zeitpunkt einen Atomausstieg zu versprechen», sagte Abe laut der Asahi Shimbun. Japan könne sich schlichtweg nicht alleine auf die Wärmekraftwerke verlassen und stellte sich dabei auf das Argument der Wirtschaftsvertreter. Japan verliere durch den Import von Gas und Öl zum Betrieb der Wärmekraftwerke jährlich 4 Billionen Yen (30 Milliarden Euro) an Wohlstand. Man werde so noch in grosse Schwierigkeiten geraten, warnte Abe.
Zurzeit sind in Japan alle 50 Atomreaktoren ausser Betrieb. Die Sicherheitstests für zehn Reaktoren sind noch im Gange und werden wohl erst im neuen Jahr abgeschlossen. Die ist der Grund, weshalb Japan auf konventionelle Kraftwerke setzen muss (Asienspiegel berichtete).
Koizumi und Ehefrau ignoriert
Der Premierminister betonte, dass zwar Junichiro Koizumi sein Lehrer in Sachen Politik gewesen sei. Er müsse jedoch eine «verantwortungsvolle Energiepolitik» verfolgen, die das Leben der Menschen und die wirtschaftlichen Aktivitäten nicht beeinflussen würden.
Damit stellt sich Abe gegen seinen früheren Mentor. Das ist nicht ohne Risiko. Auch wenn Junichiro Koizumi kein politisches Amt mehr bekleidet, übt seine Familie weiterhin einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Geschicke der Regierungspartei aus. Koizumis 32-jähriger Sohn Shinjiro wird schon heute als künftiger Premierminister gehandelt (Asienspiegel berichtete). Die innerparteiliche Opposition könnte zunehmen.
Abe setzt derweil auf seine politische Stärke und hohen Zustimmungswerte. Selbst auf seine Frau Akie Abe, die sich vor einigen Monaten klar gegen die bisherige Atompolitik gestellt hat (Asienspiegel berichtete), mag er nicht hören. Sowohl Koizumi wie auch seine Frau seien extrem wichtige Personen in seinem Leben, er müsse aber nun vom Standpunkt der Regierung handeln, so Abes Begründung.
Energiebericht bis Ende Jahr
Nun liegt der Ball wiederum bei Junichiro Koizumi. Die Oppositionsparteien sind praktisch geschlossen für den Atomausstieg. Ihr politischer Einfluss ist durch die jüngsten Wahlniederlagen im Unter- und Oberhaus marginal. Nun, mit dem Meinungsumschwung Koizumis, erhoffen sie sich einen einflussreichen Verbündeten.
Shinzo Abe wird derweil bis Ende Jahr seine mittel- und langfristige Energiepolitik präsentieren. Spätestens dann wird er endgültig Farbe bekennen müssen. Laut der Mainichi Shimbun möchten gewisse LDP-Politiker, dass der Bau neuer AKW weiterhin eine Option bleibt. Nur so könnten alte AKW ersetzt werden.
Erwartet wird, dass die Regierung ein Bekenntnis zur Atompolitik ablegen wird, aber gleichzeitig auf die strengeren Sicherheitsstandards für das Wiederhochfahren von Reaktoren verweisen und die Reduktion der Atomabhängigkeit betonen wird. Abe wird sich davor hüten, einen allzu kontroversen Entscheid zu fällen. Selbst er kann nicht an der öffentlichen Meinung vorbei politisieren.
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