Der grosszügige Manga-Held
Am 25. Dezember 2010 kam es in einem Sozialhilfezentrum für Kinder in der japanischen Präfektur Gunma zu einer unerwartetem Bescherung. Zehn in Geschenkschachteln verpackte Schultaschen lagen gestapelt vor dem Eingang. Auf einer beigelegten Notiz stand die Unterschrift «Naoto Date» (Asienspiegel berichtete).
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Es ist der Name der Hauptfigur der Wrestler-Manga-Serie Tiger Mask aus den 1960er-Jahren. Aufgewachsen in einem Waisenhaus kämpft der professionelle Ringer Tiger Mask, der mit bürgerlichem Namen Naoto Date heisst, für das Gute. Niemals seine Herkunft vergessend, spendet er stets den Kinderheimen Geld.
Die gute Nachricht aus der Präfektur Gunma machte schnell die Runde. Plötzlich erhielten in den Wochen darauf auch Kinderheime und andere soziale Einrichtungen im ganzen Land anonym Geschenke. Bis nach Okinawa kamen die Zuwendungen. Stets stand auf der beigelegten Notiz der Name «Naoto Date».
Die Tiger-Mask-Bewegung
Die Tiger-Mask-Bewegung hatte in nur drei Wochen über 700 Gaben im Wert von 24 Millionen Yen (216’000 Euro) eingebracht. Selbst ein Bildungsunternehmen bezahlte eine grössere Spende. Und auch die in die Jahre gekommene Manga-Serie Tiger Mask erlebte eine Flut an Neubestellungen (Asienspiegel berichtete).
Drei Jahre lang wurde gerätselt, wer hinter der Aktion stecken könnte. Nun hat die Mainichi Shimbun den mysteriösen Mann, der mit seiner Aktion in der Präfektur Gunma alles ausgelöst hatte, an einem Wohltätigkeitsanlass für ein Waisenhaus in Tokio gefunden.
In diesem Waisenhaus ist der Mann aus der Präfektur Gunma kein Unbekannter. Seit 16 Jahren spendet er dieser Institution regelmässig Geld, bringt Weihnachtsgeschenke gar persönlich vorbei. So auch am 18. Dezember 2010. Damals erfuhr er von einem Angestellten, dass die Zahl der Neuankömmlinge im Waisenhaus angestiegen war und viele von ihnen nicht zur Schule durften, bis man sie definitiv im Waisenhaus aufnahm.
Eine Geschichte wie aus einem Manga
Der Gedanke, dass es Kinder gibt, die nicht zur Schule dürfen habe ihn so geschmerzt, dass er noch auf dem Weg nach Hause in einem Kaufhaus anhielt, ein knappes Dutzend Schultaschen kaufte und diese am 25. Dezember 2010 in einem Kinderheim in seiner Heimatpräfektur anonym mit der inzwischen berühmten Notiz spendete.
Dabei könnte seine eigene Lebensgeschichte eine Vorlage für ein Manga sein. Seine Mutter starb als er drei Jahre alt war, sein Vater bestritt stets, dass er dessen Sohn war. Das «weggeworfene Kind» nannten sie ihn in der Familie. Diese schweren Erfahrungen bestärkte ihn darin, später etwas Gutes für die Kinder zu tun.
Eine Bewegung, die anhält
Über die nachfolgende Geschenkflut im ganzen Land sei er selbst überrascht gewesen. Das Gespräch mit der Mainichi Shimbun wollte er nutzen, um sich bei all den grosszügigen Nachahmern zu bedanken. Anonym, versteht sich.
Übrigens lebt die Tiger-Mask-Bewegung bis heute weiter. So berichtet die Shimotsuke Shimbun letzte Woche, dass in der Präfektur Tochigi gleich zwei Mal innerhalb von drei Tagen jeweils 500’000 Yen (3700 Euro) anonym gespendet wurden. Das Geld werde dem Wunsch der Wohltäterinnen entsprechend in Schultaschen und Schreibutensilien für die lokalen Waisenhäuser investiert.
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