Kulinarisch in die Irre geführt
Im Fünfsterne-Hotel Ritz-Carlton Osaka ist nicht immer drin, was auf der Verpackung steht. «Frisch gepresster Saft» hiess es auf der Getränkekarte seiner Restaurants und des Zimmerservices. Was der Kunde serviert bekam, war jedoch nichts als aufgetauter, abgepackter Orangensaft. «Das hauseigene Brot» stammte in Wahrheit von einer Drittfirma. Die speziellen «Riesengarnelen» waren gewöhnliche Shrimps.
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Billiges Essen anstatt edle Kost. Und niemand hat es gemerkt. Erst eine interne Untersuchung des Luxushotels hat diese Woche diesen peinlichen Fehler an den Tag gelegt. General Manager Oriol Montal entschuldigte sich laut NHK News an einer eigens einberufenen Pressekonferenz für diese falsche Speisekarte, die durch «menschliche Fehler» verursacht worden sei. Es habe sich um keine Absicht gehandelt. Man habe das Hotelpersonal zu wenig gut informiert und ausgebildet. Die «Betrogenen» würden vollständig entschädigt.
Kein Einzelfall
Eine Panne, die vorkommen kann, könnte man meinen. Doch die irreführenden Menü-Angaben erstrecken sich laut der Nikkei Shimbun auf weite Teile des Hotel- und Gastronomiebereich der Hankyu Hanshin Holdings, die auch das Ritz-Carlton in Osaka führt und mit Hankyu Hanshin Hotels 17 Hotels besitzt.
So kam bereits letzte Woche an die Öffentlichkeit, das man es in 23 Restaurants in insgesamt 8 Hotels des eigenen Konzerns nicht ganz genau nahm mit der Karte. Gleich 47 Angaben sollen inkorrekt gewesen sein und dies während Jahren. Zwischen März 2006 und diesen September konsumierten rund 79’000 Kunden etwas anderes als sie eigentlich bestellt hatten. Dies hat eine hausinterne Untersuchung ergeben.
Eine Kommunikationspanne?
In Japan, wo höchste Qualität und Zuverlässigkeit im Dienstleistungsbereich vorausgesetzt wird, kommt diesem einem grösseren Skandal gleich. Hiroshi Desaki, Präsident von Hankyu Hanshin Hotels, musste sich in einer Pressekonferenz entschuldigen. Man habe sich zu stark auf die attraktive Beschreibung einzelner Menüs fokussiert und dabei eine Linie überschritten.
Es sei aber nie darum gegangen, die Kunden zu betrügen. Vielmehr hab es sich um ein strukturelles Problem gehandelt. So werde die Karte jeweils von einem eigenen Team entworfen. Die Zutaten würden dann aber von den Kochteams selbst bestimmt. Die Verantwortlichen hätten es jedoch verpasst, Änderungen oder Anpassungen zu kommunizieren. Ein internes Kontrollsystem habe nicht existiert.
Entschädigung versprochen
Die Hankyu Hanshin Holdings hat versprochen, alle betroffenen Kunden zu entschädigen, die nachweislich in die Irre geführt wurden. Laut dem Konzern haben sich bereits rund 3500 Personen einen Antrag auf Entschädigung gestellt. Für die Hankyu Hanshin Holdings kommt das teuer zu stehen. Bis zu 110 Millionen Yen (816’000 Euro) müssten dafür aufgewendet werden. Der Vertrauensverlust und Imageschaden wird damit aber nicht abgewendet sein.
Die Hankyu Hanshin Holdings ist hauptsächlich in der Region Osaka, Kobe und Kyoto präsent ist. Der Konzern betreibt zahlreiche Bahnbetriebe, die bis heute das Kerngeschäft ausmachen. Auch Taxi- und Busbetriebe gehören zum Unternehmen. Seine Bahnhöfe nutzt er geschickt, um riesige Kaufhäuser und eigene Hotels anzusiedeln. Hinzu kommen Medienbeteiligungen und der Besitz des beliebten Baseballteams Hanshin Tigers.
Update, 29. Oktober 2013
Hiroshi Desaki, Präsident von Hankyu Hanshin Hotels, ist aufgrund des Skandals zurückgetreten. «Wir haben unsere Kunden betrogen und wir können die Vorwürfe gegen uns nicht abstreiten», sagte er an einer Pressekonferenz.
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