Das Ende der Heimat

In der Sperrzonenstadt Namie.
In der Sperrzonenstadt Namie. Foto: Google Street View
Die von der AKW-Katastrophe am stärksten betroffenen Gemeinden.
Die von der AKW-Katastrophe am stärksten betroffenen Gemeinden. Grafik: wikimedia/ Mayhew

«Sie dürfen nie wieder zurückkehren». Bis heute hütet sich die japanische Regierung davor, diesen Satz auszusprechen, wenn es um die Frage nach einer Rückkehr der Evakuierten in Fukushima geht. Die Politiker setzen viel lieber auf das Prinzip Hoffnung. Offiziell lautet das Ziel, alle Betroffenen dereinst die Rückkehr in die heute noch verstrahlte Heimat zu ermöglichen.

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Dafür unternimmt die Regierung einen gigantischen Aufwand zur Dekontaminierung der Sperrzone. Eine definitive Lagerstätte für die abgetragenen Erdschichten gibt es jedoch bis heute nicht (<a href="Asienspiegel">https://asienspiegel.ch/2012/02/aufstand-gegen-tokio/"">Asienspiegel berichtete).

Die Sperrzone ist derweil in drei Zonen aufgeteilt worden (Asienspiegel berichtete). Nun gibt es Gebiete, wo sich die Menschen auf eine Rückkehr vorbereiten sollen (das betrifft rund 33'000 Evakuierte), eine temporärer Aufenthalt tagsüber erlaubt ist (rund 23'000 Evakuierte) und eine Zone, die mit Strahlenwerten von über 50 Millisievert pro Jahr weiterhin nicht betreten werden darf (25'000 Evakuierte).

«Du kannst nicht mehr hier leben»

Wirklich ändern tut sich für die Direktbetroffenen jedoch nichts. Für sie geht das lange Warten und die Ungewissheit weiter. Für die Politiker bleibt die aktuelle Strategie die einfachere Lösung. Eine weitere unangenehme Konfrontation mit den Direktbetroffenen, deren Verhältnis mit Tokio schon lange zerrüttet ist, bleibt aus und die Frage nach einer staatlichen Entschädigung wird umgangen. Die rechtlichen Auswirkungen einer solchen Entscheidung wären ebenfalls nicht zu unterschätzen.

Doch inzwischen mehren sich die Stimmen in der Regierungspartei LDP, welche die jetzige Politik hinterfragen. Generalsekretär Shigeru Ishiba wagte den Tabubruch. In einer Rede in Sapporo forderte er laut der Asahi Shimbun ein Umdenken bezüglich der aktuellen Sperrzonen-Politik: «Es kommt der Zeitpunkt, an dem wir sagen müssen: ‹Du kannst nicht mehr hier leben, wir werden Dich dafür aber entschädigen.›»

Der Entwurf

Ishiba steht in der LDP nicht alleine da. Laut der Mainichi Shimbun sieht ein regierungsinterner Entwurf für den Wiederaufbau eine neue Strategie vor, welche die schwer kontaminierten Gebiete endgültig für unbewohnbar erklären würde.

Dieses Vorgehen würde den Weg frei machen, den Direktbetroffenen eine staatliche Hilfe zum Aufbau eines neuen Hauses in einem sicheren Gebiet zu ermöglichen. Gleichzeitig könnte das Geld für die Wiederaufbau- und Dekontaminierungsarbeiten konzentrierter in Gebiete der Sperrzone fliessen, wo eine Rückkehr realistisch scheint.

Das Ende der Hoffnungen

Rund 25'000 Menschen müssten unter diesem Plan ihre Heimat aufgeben. Für weite Teile der Städte Okuma, Futaba, Namie oder Tomioka würde die das endgültige Ende aller Hoffnungen bedeuten – das Ende der Heimat.

Zwar hatte bereits die Vorgängerregierung eingestanden, dass diese Gebiete wohl über Jahrzehnte nicht mehr bewohnbar seien (Asienspiegel berichtete). Trotzdem ist man bis heute beim offiziellen Begriff der «Zone, in der eine Rückkehr als schwierig erachtet wird» geblieben, um bewusst nichts auszuschliessen. In den nächsten Monaten wird es um die Frage gehen, ob am Ende daraus eine Zone macht, in die man nie wieder zurückkehren kann.

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