Held oder Krimineller?
Der Koreaner An Jung-geun erlebte Anfang des 20. Jahrhunderts als junger Mann die Besetzung seines Landes durch das militärisch aufstrebende Japan. Der zum Christentum konvertierte junge Mann, der von den Chronisten als belesen und charismatisch beschrieben wird, wollte dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen.
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Er emigrierte ins russische Wladiwostok. Dort schloss er sich einer bewaffneten, koreanischen Unabhängigkeitsbewegung an. Am 26. Oktober 1909 betrat er den Bahnhof von Harbin in der Mandschurei, wo er auf die Ankunft des japanischen Generalgouverneurs des Protektorats Korea, Hirobumi Ito, wartete.
Ito gilt als einer der wichtigsten Personen in der Modernisierung Japans Ende des 19. Jahrhunderts. Der Politiker war Japans erster Premierminister und wurde später zum ersten Generalgouverneur des neue koreanischen Protektorats ernannt. Für An Jung-geun war Ito die Symbolfigur für die Unterdrückung seines Landes. Noch auf dem Bahnsteig zückte An seine Pistole, die er in einer Lunchbox versteckt hatte. Mit drei Schüssen strecke er Hirobumi Ito nieder.
Ein Denkmal für den Widerstandskämpfer
An Jung-geun wurde später von einem japanischen Gericht zum Tode verurteilt. Seiner Forderung als Kriegsgefangener behandelt zu werden, wurde nicht stattgegeben. Am 26. März 1910 wurde An Jung-eun exekutiert. Korea blieb bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine japanische Kolonie.
Bis heute wird An in Südkorea wie auch in China als ein Held des Widerstands gegen Japan gefeiert. In Südkorea erinnern mehrere Statuen an seine Person. Nun planen beide Länder, gemeinsam eine Gedenkstätte für An Jung-geun in Harbin zu errichten. Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye bedankte sich gar persönlich bei einem chinesischen Offiziellen in Seoul für die voranschreitende Umsetzung des Projekts in Harbin, wie die Sankei Shimbun berichtet.
Japans Empörung
Japan zeigt sich hingegen empört über diese Entwicklung. «Wir haben der koreanischen Regierung bereits klar gemacht, dass wir An Jung-geun als einen Kriminellen betrachten», betonte der japanische Kabinettssekretär Yoshihide Suga an einer Pressekonferenz. Die Errichtung einer Gedenkstätte sei nicht förderlich für die japanisch-koreanischen Beziehungen, sagte er weiter.
Hirobumi Ito wird in Japan als eine der grossen Persönlichkeiten der Meiji-Periode angesehen. Als Modernisierer und Reformer half er bei der Ausarbeitung von Japans erster Verfassung und wurde später der erste Premierminister. Seine Ideen haben das moderne Japan entscheidend geprägt.
Südkoreas Antwort
Südkoreas Pressesprecher des Aussenministeriums, Cho Tai-young, bedauert derweil, dass Japans Regierung den südkoreanischen Nationalhelden An als einen Kriminellen betrachtet. Die Tat des Widerstandskämpfers sei im Lichte dessen, was Hirobumi Ito als Generalgouverneur Korea angetan habe, gerechtfertigt. An habe sein Leben für sein Land und für den Frieden in Ostasien geopfert.
Südkoreas Präsidentin Park hatte noch letzte Woche den Vorschlag unterbreitet, für den Frieden in der Region ein gemeinsames Geschichtsbuch mit Japan und China realisieren zu wollen (Asienspiegel berichtete). Der Fall von An Jung-geun zeigt, wie schwer sich dieses Unterfangen gestalten wird.
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