Koizumi geht in die Offensive
Junichiro Koizumi lässt nicht locker, wenn es um die Vermittlung seiner neuen Anti-AKW-Haltung geht. Nun hat er gar noch einen Gang höher geschaltet. Zum ersten seit seinem Rücktritt als Premierminister 2006 lud er zu einer öffentlichen Pressekonferenz im Japanischen Presseklub in Tokio, um seinem Standpunkt Nachdruck zu verleihen, wie die Asahi Shimbun berichtet.
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Es gebe in Japan keine Aussicht auf eine sichere Endlagerung des Atommülls. «Die AKW-Reaktoren dürfen daher nicht wiederhochgefahren werden. Im Gegenteil, sie sollten so schnell wie möglich beseitigt werden», war Koizumis unmissverständliche Aussage.
Damit reagiert Koizumi auf die Aussage von Parteikollege und Premierminister Shinzo Abe. Dieser hatte Ende Oktober seinem Mentor in einer Parlamentssitzung öffentlich widersprochen. Es sei unverantwortlich, zu diesem Zeitpunkt von einem Atomausstieg zu sprechen, meint er damals. Nur auf Wärmekraftwerke zu setzen, bedeute Mehrkosten und einen Wohlstandsverlust (Asienspiegel berichtete).
Zuerst die Politik, dann die Lösungen
Der Ex-Premier reagierte an der Pressekonferenz auch auf die Kritik, dass er keine alternative Energielösung zu den AKW biete. Es sei unmöglich, dass er alleine alternative Lösungen vorbringe. Vielmehr sei es an der Regierung eine klare Politik zu definieren, dann würden auch genug Experten richtige Wege aufzeigen.
Koizumi sieht den richtigen Zeitpunkt für einen Atomausstieg gekommen. So sind zurzeit alle 50 AKW-Reaktoren ausser Betrieb. Zumindest bis Ende Jahr wird dies wohl auch so bleiben (Asienspiegel berichtete). Zudem steht auch die Bevölkerung hinter dem Anliegen des Ex-Premierministers.
Umfrage gibt Koizumi recht
Laut einer aktuellen Umfrage der Mainichi Shimbun sind 55 Prozent der Bevölkerung mit dem Anliegen Koizumis für eine atomfreie Gesellschaft einverstanden. 34 Prozent wollen weiterhin auf die Atomenergie setzen. Selbst 49 Prozent der Befragten, welche die Regierung Abe unterstützen, befürworten einen Atomausstieg. Von den unabhängigen Wählern sind es 56 Prozent, die eine AKW-Null-Strategie gutheissen.
Koizumis wundersame Bekehrung zum AKW-Gegner ereignete sich nach einer einer Finnland-Reise im August, wo er zusammen mit japanischen AKW-Herstellern ein im Bau befindliches Atommüllendlager in Onkalo besuchte.
Die Megastätte
Diese finnische Megastätte ist so konzipiert, dass der Atommüll für 100’000 Jahre gelagert werden kann. Anstatt sich begeistert über die Sicherheit zu zeigen, kamen bei Koizumi Zweifel auf. So fragte er sich, wie man auch künftige Generationen daran hindert, dass sie diese Stätte ausgraben werden.
«100’000 Jahre. Sie sagen, dass sie in 300 Jahren nochmals alles neu bewerten würden. Bis dann sind aber alle heute noch Lebenden tot.» Es stelle sich zudem die Frage, wo man im Erdbebenland Japan überhaupt ein Atommüllendlager bauen kann?
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