Shinzo Abe im Tief
Wenige Tage nach der turbulenten Verabschiedung des «Gesetzes zum Schutz von Staatsgeheimnissen» (秘密保護法 himitsu’hogo’hou) ist das Verdikt klar. Gemäss einer Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo sind 82 Prozent der Befragten für eine sofortige Abschaffung oder eine Revision des umstrittenen Gesetzes.
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70,8 Prozent zeigen sich äusserst besorgt über dessen Auswirkungen. Die Angst, dass damit die Presse- und Meinungsfreiheit beschnitten und heikle Informationen über Fukushima zurückgehalten werden, ist gross (Asienspiegel berichtete) .
Der Schuldige ist ebenso identifiziert: Premier Shinzo Abe hat mit seinem übereifrigen Vorgehen den Unmut der Bevölkerung auf sich gezogen. Seine Zustimmungsrate ist gleich um 10,3 Prozent auf 47,6 Prozent gefallen. Zum ersten Mal in seiner bislang einjährigen Amtsperiode wird seine Politik von weniger als der Hälfte getragen.
Der Wirtschaftspremier
Der Über-Premier Shinzo Abe ist damit zurück unter den Normalsterblichen. Ein Jahr lang sorgte er mit seiner Abenomics-Wirtschaftspolitik für den lang ersehnten Aufschwung im Land. Die Bevölkerung dankte es ihm mit hohen Zustimmungswerten und einem überwältigenden Sieg bei den Oberhauswahlen im Sommer.
Seither hält Abes Regierungspartei die LDP die Mehrheit in beiden Häusern. Shinzo Abe sitzt fest im Sattel. Gross war in Japan die Freude darüber, dass nach den vielen Regierungswechseln ein entschlussfreudiger Premier das Ruder übernommen hatte.
Die nationalistische Seite
Solange sich Abe auf die Wirtschaftspolitik fokussierte, hatte er die Rückendeckung. Doch mit der Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes zum Schutz von Staatsgeheimnissen zeigt der Premier eine nationalistische Seite, die nicht allen gefällt – ein konservativer Shinzo Abe, der von einer Reform der pazifistischen Verfassung und einem aussenpolitisch sowie militärisch wieder erstarkten Japan träumt (Asienspiegel berichtete).
Während seiner ersten kurzen Amtszeit zwischen 2006 und 2007 wurde ihm der Fokus auf diese politisch heiklen Themen zum Verhängnis. Abes Vorpreschen beim Staatsgeheimnis-Gesetz mag die Bevölkerung wieder plötzlich an diese unschönen Zeiten erinnert haben.
Am Scheideweg
Shinzo Abe hat in einer Pressekonferenz diese Woche reagiert. «Es gibt Befürchtungen, dass durch dieses Gesetz Staatsgeheimnisse beliebig erweitert werden und der Bevölkerung das Recht auf ein Wissen darauf entzogen wird. Ich kann mit Gewissheit sagen, dass diese Behauptungen haltlos sind», entgegnete Abe den Kritikern.
Dank diesem Gesetz würde endlich eine Transparenz geschaffen, denn zuvor habe Japan keine Regeln im Umgang mit Staatsgeheimnissen gehabt, meinte er weiter. Er gab aber gleichzeitig zu, dass er der Bevölkerung das Gesetz besser hätte erklären müssen, wie die Asahi Shimbun berichtet.
Die Bevölkerung scheint er mit diesen Argumenten nicht überzeugt zu haben. Shinzo Abe muss erkennen, dass seine Beliebtheit mehrheitlich der bislang erfolgreichen Wirtschaftspolitik zu verdanken war. Es wird Zeit, dass er sich wieder auf Abenomics zurückbesinnt. Denn ein weiterer Rückgang bei den Zustimmungswerten könnte für ihn gefährlich werden. Er selbst weiss es nur zu gut.
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