Japans lebende Legende
Hiroshima, die blutigen Studentenproteste, die Diskriminierung von Minderheiten, der Kampf der Bauern gegen Naritas Flughafen, die Sicherheitsallianz mit den USA, der Skandal um die Quecksilbervergiftung in Minamata oder die AKW-Katastrophe von Fukushima: Der über 90-jährige Fotojournalist Kikujiro Fukushima hat die Nachkriegsgeschichte Japans hautnah miterlebt. Seine Fotos erzählen die Geschichten, die manche nur zu gerne für immer unter den Teppich gekehrt haben möchten.
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Der Ausgangspunkt seiner Laufbahn war der Atombombenabwurf auf Hiroshima. Über Jahre hinweg dokumentierte er das Leiden des Fischers und Atombomben-Überlebenden Sugimatsu Nakamura und dessen Familie, bis dieser schliesslich völlig entkräftet an den Spätfolgen der Strahlung stirbt. Die Tragödie lässt Kikujiro Fukushima zeitlebens nicht los. Die Kamera ist seither stets an seiner Seite.
Bedroht und attackiert
In seinen Reportagen nimmt er sich den Unterdrückten, den Diskriminierten und den Aussenseitern der Gesellschaft an. Kikujiro Fukushima ist ein Chronist, ein Anti-Autoritärer, ein Querdenker, ein Getriebener. «Wenn Konzerne oder die Regierung etwas zu vertuschen versuchen, dann darf auch ein Fotojournalist das Gesetz übertreten», beschreibt er seine Philosophie. Während seiner Karriere hat er über 250’000 Fotos geschossen und 12 Fotobücher publiziert.
Seine kompromisslose Haltung hat Kikujiro Fukushima fast das Leben gekostet. Er wurde bedroht, attackiert und verletzt, sein Haus ging in Flammen auf. Doch den 90-Jährigen hat dies nie von seinem Weg abgehalten. Bis heute verweigert er seine Pension. Von seinen drei Kindern, die er alleine grossgezogen hat, möchte er ebenfalls keine finanzielle Unterstützung.
Stattdessen arbeitet er beharrlich weiter und führt er mit seinem Hund Roku ein bescheidenes Leben in einem Haus in der Stadt Yanai in der Präfektur Yamaguchi.
Preisgekrönter Dokumentarfilm
Der 42-jährige Filmemacher Saburo Hasegawa hat Kikujiro Fukushima mit der Kamera begleitet. Entstanden ist der Dokumentarfilm Japan Lies – The Photojournalism of Kikujiro Fukushima, Age 90, ein intimes Porträt über den weltweit ältesten Fotojournalisten. Es ist ein einmaliger Einblick in das Leben und Schaffen von Kikujiro Fukushima, der trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge seinen Humor nie verloren hat.
Japan Lies – The Photojournalism of Kikujiro Fukushima, Age 90 hat in Japan einen Nerv getroffen. Der unabhängige, 114-minütige Film ist zu einem Überraschungserfolg geworden. Das renommierte Filmmagazin Kinema Jumpo hat Hasegawas Erstlingswerk zum besten Dokumentarfilm des Jahres gekürt. «Japan Lies ist ein Film, der geradeheraus die vielen Widersprüche in Japans Gesellschaft kritisiert», so das Lob der Jury.
«Japan wäre heute ein anderer Ort, wenn es von Kikujiro Fukushima noch fünf oder sechs mehr geben würde», zitierte die Asahi Shimbun einen Freund von Fukushima während der Premiere. Mit über 90 Jahren hat Kikujiro Fukushima endlich die Anerkennung erhalten, die ihm ein Leben lang verwehrt geblieben ist.
Der Dokumentarfilm «Japan Lies – The Photojournalism of Kikujiro Fukushima, Age 90» lief 2014 im Alternativkino in Zürich.
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