Japans verlassene Einkaufsstrassen
Die sogenannten Shotengai (商店街) waren über Jahrzehnte hinweg die Zentren der japanischen Kleinstädte. In diesen traditionellen Einkaufspassagen, die nicht selten überdacht sind, reihten sich während den wirtschaftlich goldenen Jahre ein Laden an den anderen. Lange liefen die Geschäfte, die oft von Familien geführt werden, gut. Diese goldenen Zeiten sind jedoch schon lange vorbei.
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Seit mittlerweile über zwanzig Jahren erleben die Einkaufspassagen einen rasanten Niedergang. Viele Kleinläden machten Konkurs. Aus den Shotengai sind die Shatta-gai (シャッター街) oder Shatta-dori (シャッター通り) geworden. Geschäftsstrasse, wo sich ein geschlossener Fensterladen an den anderen reiht.
Die Gründe für den Niedergang
Zu dieser Entwicklung führte einerseits die rasante Motorisierung des Landes. Die Verbreitung des Autos führte dazu, dass immer mehr Geschäfte entlang den seelenlosen Haupt- und Nationalstrassen in den Vororten der Städte eröffnet wurden. Später kam der Bau von grossen Supermärkten und Kaufhäusern hinzu, die mit kostenlosen Parkplätzen die Kunden anlocken.
Mit dem Platzen der Wirtschaftsblase 1989 verloren die Shotengai noch einmal viele Kunden. Öffentliche Institutionen wie Schulen, Universitäten und Krankenhäuser wurden vom teuren und beengten Zentrum in billigere Vororte verlegt. Die lokalen Einkaufspassagen hatten ihren einstigen Stellenwert eingebüsst.
Heute sind viele Einkaufsstrassen in Japans Vororten und ländlichen Städten wie leer gefegt. Die Instandhaltung der Einkaufspassagen wird vernachlässigt, die ganze Gegend verliert zunehmend an Attraktivität, verbunden mit allen negativen Folgen für die Wirtschaft und das Sozialleben.
Die Wiederbelebung des Zentrums
Die Regierung hat nun angekündigt, mit einem neuen Gesetz zur Wiederbelebung der Stadtzentren dieser Negativspirale entgegenzuwirken. Läden und Supermärkte in den Einkaufsstrassen sollen laut der Asahi Shimbun von Subventionen und Steuersenkungen profitieren.
60 bis 90 zu bestimmende Einkaufsstrassen und Quartiere im Land werden in den Genuss dieses Programms kommen. Damit sollen auch die möglichen Folgen der Einführung der Mehrwertsteuererhöhung ab April abgefedert werden.
Machtlos gegen die Landflucht
Einige Städte in Japan gehen bereits auf eigene Faust gegen die Aushöhlung ihrer Zentren vor, indem sie ihre Einkaufspassagen wieder attraktiver gestalten.
Mit Lichtshows, Konzerten und öffentlichen Veranstaltungen werden die Menschen zurück in die traditionellen Einkaufsstrassen gelockt. In Naha auf Okinawa ist die lebendige Hauptstrasse sonntags für den Verkehr gesperrt. In Aomori wird derweil versucht, die Dezentralisierung mit dem Bau von öffentlichen Gebäuden und staatlichen Wohnungen im Stadtkern zu stoppen.
Gegen eine Entwicklung sind jedoch alle ländlichen Städte machtlos. Die Überalterung der Gesellschaft führt unweigerlich dazu, dass immer mehr junge Leute in der Hoffnung auf Arbeit in die grossen urbanen Zentren Japans ziehen. Und ohne Menschen wird auch mit der besten Massnahme keine lokale Einkaufspassage mehr belebt.
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