32’000 gegen Abes Atompolitik
Am vergangenen Sonntag haben in Tokio kurz vor dem dritten Jahrestag der verheerenden Tsunami- und AKW-Katastrophe 32’000 Menschen gegen die Atomenergie demonstriert. Seit drei Jahren setzen sie sich beharrlich für eine Zukunft ohne AKW ein.
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Tatsächlich war Japan dieser Vision noch nie so nahe, denn noch immer sind alle 48 Atomreaktoren abgeschaltet. Doch bald schon könnte es wieder in die andere Richtung umschlagen.
Seit einigen Monaten ist Nukleare Regulierungsbehörde (NRA) daran, die Anträge von sieben Stromproduzenten zu bearbeiten. 16 Reaktoren in 9 Kernkraftwerken werden auf die neuen, strengeren Sicherheitsvorgaben geprüft (Asienspiegel berichtete).
Abes klare Botschaft
Es ist gut möglich, dass bereits im Sommer die ersten Atomreaktoren wieder in Betrieb genommen werden. Premierminister Shinzo Abe setzt ganz auf diese Karte. Im neuen, ausgearbeiteten Energieprogramm nimmt die Atomenergie wieder eine zentrale Rolle ein. Die Versprechen seiner Vorgänger, langfristig aus der Atomenergie auszusteigen sind damit endgültig Makulatur.
«Im Rahmen des Möglichen werden wir die Abhängigkeit von der Atomenergie verringern, aber an eine AKW-Null-Strategie glaube ich nicht», liess Abe gestern laut der Sankei Shimbun im Haushaltsausschuss des Unterhauses verlauten.
Ja, selbst der Bau neuer Kernkraftwerke wird nicht mehr ausgeschlossen. «Im Moment haben die Sicherheitstests für die jetzigen AKW oberste Priorität. Erst dann wären Ersatz- oder Neubauten ein Thema», sagte Wirtschaftsminister Toshimitsu Motegi. Er wolle aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Annahmen treffen. Die Botschaft der beiden ist klar: Es geht zurück zur Atomenergie.
Eine Mehrheit für den Ausstieg
Über 80’000 Sperrzonen-Evakuierte und ungelöste Probleme in der Atomruine von Fukushima spielen in dieser Rechnung offenbar keine Rolle. Dass eine ganze Reihe ehemaliger Premierminister, darunter Abes einflussreicher politischer Ziehvater Junichiro Koizumi, sowie eine Mehrheit der Bevölkerung den Atomausstieg befürworten, scheint für die aktuelle Regierung ebenso wenig von Bedeutung zu sein.
In den letzten drei Jahren hat sich die Meinung der Bevölkerung in der AKW-Frage kaum geändert, wie die Tokyo Shimbun berichtet. So zeigt selbst eine aktuelle, landesweite Meinungsumfrage, dass rund 69 Prozent der Befragten den sofortigen oder den stufenweisen Ausstieg aus der Atomenergie fordern. Rund 29 Prozent möchten derweil, dass weiterhin ein gewisser Prozentsatz der Energieversorgung von den Kernkraftwerken gedeckt wird.
Der fehlende politische Einfluss
Abe wird trotz allem unbeirrt weiterfahren mit seiner Atompolitik. Ein Spaziergang wird es für den Atombefürworter dennoch nicht. Sollte die Nukleare Regulierungsbehörde grünes Licht für einen Reaktor geben, könnte noch immer die lokale Opposition den Prozess verzögern.
Die Umfragen zeigen zudem, dass der Aufmarsch der 32’000 Menschen vom Sonntag kein Protest einer Minderheit ist. Dennoch ist es der Anti-AKW-Bewegung bis heute nicht gelungen, sich zu einer schlagfertigen politischen Kraft zu formieren. Erst vor einem Monat, bei der Tokioter Gouverneurswahl, sorgten zwei prominente Anti-AKW-Kandidaten mit ihrer Uneinigkeit dafür, dass ein von Shinzo Abe unterstützter Kandidat schliesslich das Rennen machte (Asienspiegel berichtete).
Zuletzt kommt Shinzo Abes AKW-Politik entgegen, dass der 11. März 2011 immer weiter in den Hintergrund rückt. So vertreten ganze 73 Prozent die Meinung, dass das Interesse für die vom Tsunami betroffenen Gebiete nur noch gering sei. 58 Prozent geben gar an, dass sie sich über die Lage der Evakuierten aus der Sperrzone und über die Probleme im AKW von Fukushima kaum noch informieren. Drei Jahre nach der Katastrophe hat die Wirtschaft in Japan längst wieder oberste Priorität.
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