Der Gott der Nudelsuppe
Irgendwann am Ende des 19. Jahrhunderts fand die chinesische Nudelsuppe ihren Weg nach Japan. Die Japaner erschufen daraus ihre ganz eigene Interpretation und nannten das Gericht Ramen. Es sind Nudeln in einer geschmacksintensiven Suppe, angereichert mit Frühlingszwiebeln, Nori, Bambussprossen und dem gekochten Chashu-Schweinefleisch.
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Aus diesem Grundrezept haben sich unzählige Variationen herausgebildet. Jede Region, jedes Lokal in Japan bietet eine eigene Interpretation der Nudelsuppe an. Und so hat sich Ramen nach dem Zweiten Weltkrieg zum japanischen Nationalgericht entwickelt.
Alleine in Tokio soll es über 5000 auf Ramen spezialisierte Restaurants geben. Und dennoch ist es einem Mann gelungen, aus dieser unübersichtlichen Masse herauszustechen. Es ist der heute 80-jährige Kazuo Yamagashi, der von den Japanern ehrfürchtig der «Gott der Nudelsuppe» genannt wird. Der Dokumentarfilm The God of Ramen von Kazuo Yamagishi erzählt dessen einzigartige Geschichte.
Zwei Stunden anstehen
Über 50 Jahre lange führt Yamagashi in einer versteckten Gasse im berüchtigten Tokioter Viertel Ikebukuro das Restaurant Taishoken, das bescheidene 16 Sitzplätze bot, eng und verstaubt ist. Und dennoch stehen die Kunden über zwei Stunden an, um dessen Ramen zu kosten. Yamagishi ist der Erfinder der Ramen-Variation Tsukemen, bei der Nudel und Suppe getrennt serviert werden. Aus dem ganzen Land reisen sie an, um zumindest einmal im Leben im sagenumwobenen Taishoken von Yamagishi gewesen zu sein.
Kazuo Yamagishi ist alles andere als der zur Perfektion strebende, geheimnisumwitterte Chefkoch modernen Zuschnitts. Sein Laden ist nach 50 langen Jahren völlig heruntergekommen, seine Portionen dafür riesig und seine Herzlichkeit und Grosszügigkeit legendär; so als wäre er die Verkörperung von Hotei, dem wohlbeleibten und immer lächelnden Buddha des Glücks.
Über 100 Köche hat er in seiner Zeit ausgebildet, die das Erbe des Taishoken schon lange ins ganze Land getragen haben. Selbst seinen Konkurrenten bringt er sein Handwerk bei. «Wenn der Chef sagt es ist gut, dann ist es gut», pflegen seine Kunden zu sagen, von denen einige bereits um 8 Uhr vor dem Laden warten. Sie wissen, dass Yamagishi mit seinem Wesen zum einzigartigen Erfolg seiner Ramen beiträgt. Selbst im Rentenalter läutet der Mann seinen Arbeitstag noch um 4 Uhr morgens ein, obwohl sein Körper die Strapazen schon lange nicht mehr mitmacht. Die Empfehlungen seines Doktors ignoriert er hartnäckig.
Mehr als ein Essensfilm
Fast zehn Jahre lang, bis zur Schliessung des originalen Taishoken vor sieben Jahren, hat Filmemacher Takashi Innami den grossherzigen Ramen-Gott begleitet. Mit God of Ramen hat er aber keinen klischierten Essensfilm realisiert. Vielmehr ist ihm ein vielschichtiger, bewegender Dokumentarfilm gelungen, der tief in die Seele des heute 80-jährigen Kazuo Yamagishi eintaucht und die nie überwundene Trauer über den Verlust seiner Frau offenbart. Und allmählich wird dem Zuschauer klar, dass in jedem Detail dieses verstaubten Lokals die Geschichte eines ganzen Lebens mit all seinen Sonnen- und Schattenseiten steckt.
«The God of Ramen» feiert am 6. April Schweizer Premiere im Alternativkino. Da das Platzangebot beschränkt ist, bitten wir Sie, die Tickets über die Website alternativkino.ch im Voraus zu kaufen.
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