Das Leben der Rettungsarbeiter

Sie bleiben die stillen, unbekannten Helden: Die Rettungsarbeiter im zerstörten AKW Fukushima 1, die auch drei Jahre nach der Dreifachkatastrophe noch täglich darum kämpfen, die Kernschmelze einzudämmen. Es sind inzwischen Tausende, die durch die Atomruine gegangen sind. Wenn ein Arbeiter einmal die kritische Strahlenlimite erreicht hat (Asienspiegel berichtete), ist Schluss. Gewöhnlich ist dies nach wenigen Monaten der Fall.
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Kurz nach der Katastrophe wurden sie von den Medien zu Helden stilisiert, heute hört man jedoch kaum mehr von ihnen. Fukushima ist längst zu einem Thema verkommen, das man nur noch aus der Vogelperspektive betrachtet. Die Strahlung, verschmutztes Wasser und die Langzeitfolgen beherrschen heute die Schlagzeilen. Die Rettungsarbeiter sind nur noch diejenigen, welche die Drecksarbeit verrichten, weil es jemand machen muss.
Auch der 49-jährige Kazuto Tatsuta ist ein «Fukushima-Veteran». Im Juni 2012 nahm er seine Stelle als Rettungsarbeiter auf, weil er nach der Katastrophe helfen wollte. Den Job bekam er durch den Arbeitsvermittler Hello Work. Ein halbes Jahr war er in der Atomruine beschäftigt. Dann war Schluss, weil er die jährliche Limite an Strahlenbelastung erreicht hatte.
Zum Manga verarbeitet
Tatsuta kehrte zurück nach Tokio, um einen Manga zu realisieren, der von der täglichen Arbeit in Fukushima erzählt. Entstanden ist die Serie Ichiefu (1F). So nennen die Rettungsarbeiter und die lokale Bevölkerung in der Präfektur Fukushima das zerstörte AKW. «1» für die Nummernbezeichnung des AKW, «F» für Fukushima. Der renommierte Verlag Kodansha publizierte in seinem Wochenmagazin Morning Kazuto Tatsuyas Geschichte in Form einer Manga-Serie.
Ichiefu ist keine reisserische Geschichte, die anklagt. Sie erzählt vielmehr vom Arbeitsalltag im AKW, den Tatsuta als physisch anstrengend bezeichnet. Gerade die Schutzanzüge und die Maske würde die Bewegungsfreiheit stark einschränken. Doch abgesehen davon seien die Arbeitsbedingungen nicht anders als an anderen Orten, wie Tatsuta meint. Es sind viele lokale Arbeiter, die im «1F» angestellt sind. Sie wurden aus ihren Häusern vertrieben und müssen nun aus Mangel an Arbeit im AKW die Katastrophe eindämmen helfen.
Ein Überraschungserfolg
Tatsuta beschreibt in seinem Manga detailliert die Aufgaben der Rettungsarbeiter, selbst die Kleidung wird genauestens dargestellt, sogar jeder einzelne Maskentyp. Täglich geht es vom J-Village, dem Krisenzentrum und Wohnbereich für die Angestellten (Asienspiegel berichtete), mit dem Bus in einer zwanzigminütigen Autofahrt durch die Sperrzone bis auf das Gelände der Atomruine. «Ichiefu» erzählt vom harten Alltag, von Notfällen, aber auch von den ganz gewöhnlichen Konversationen unter den Rettungsarbeitern.
Es ist ein persönlicher Einblick, der Aussenstehenden so noch nie gezeigt wurde. Genau dies macht den Erfolg von Tatsutas Werk aus, das mit dem Manga-Open-Preis ausgezeichnet wurde. Letzte Woche hat Kodansha nun das erste Buch zu dieser ersten Serie publiziert und dies gleich in einer Auflage von 150’000 Stück, wie die Asahi Shimbun berichtet. Das ist für einen neuen Manga-Autor eine ungewöhnlich hohe Zahl.
Tatsuta plant schon weiter
Irgendwann soll auch ein zweiter Band erscheinen. So ist es jedenfalls geplant. Dafür möchte der Autor so schnell wie möglich zurück nach «1F», wie er gegenüber Nikkan Gendai sagt. Vorgesorgt hat er bereits. Denn Kazuto Tatsuta ist lediglich ein Künstlername, damit seine wahre Identität verborgen bleibt.
Eine englische Version der allerersten Erzählung gibt es hier.
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