Geschlossen wegen Personalmangels
Der Fleischeintopf (jap. Gyudon), bei dem Rindfleischscheiben auf Reis serviert werden, ist in Japan der Inbegriff für billiges Essen. 1899 eröffnete Eikichi Matsuda das erste Yoshinoya-Restaurant im Tokioter Nihonbashi-Quartier. Indem er Fleisch in rauen Mengen einkaufte und in kleinen Buden verkaufte, konnte so erstmals auch die Arbeiterklasse Fleisch zu vernünftigen Preisen essen. Gyudon als Fastfood war geboren. Heute beherrschen die drei Restaurantketten Yoshinoya, Matsuya und Sukiya den Markt, der geschätzte 350 Milliarden Yen (2,5 Milliarden Euro) jährlich umsetzt.
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Speziell Sukiya hat eine rasante Geschäftsentwicklung hinter sich. Erst 1982 in Yokohama gegründet, stieg die Kette als letzte in den hart umkämpften Markt ein. Heute ist Sukiya mit 1984 Ablegern und rund 40’000 Angestellten bezüglich Verbreitung zur Nummer 1 aufgestiegen (Yoshinoya: 1899 gegründet, 1195 Läden; Matsuya: 1966 gegründet, 1034 Läden). Sukiya ist auch der billigste Anbieter. Gerade mal 270 Yen kostet hier noch ein satte Portion Rindfleischeintopf. Kein anderer Markt hat Japans deflationären Preiskampf der letzten Jahre besser widerspiegelt (Asienspiegel berichtete).
Doch nun stösst Sukiya an seine Grenzen. Die Angestellten sind völlig überlastet. In den Nachtstunden muss jeweils ein Einziger den gesamten Laden von der Bedienung bis zur Küche schmeissen. Viele fühlen sich vor möglichen Überfällen nicht mehr sicher, andere leiden schlichtweg an Überarbeitung. Das Twitter-Foto eines Angestellten, der um 3 Uhr am Morgen in der Küche eines Sukiya-Ladens eingeschlafen ist, steht inzwischen sinnbildlich für die Krise des Unternehmens.
167 Ableger temporär geschlossen
Und weil der Restaurantkette das Personal ausgeht, blieb Sukiya einzig die Notbremse. Seit März sind laut Nikkansports ganze 167 Ableger «temporär» geschlossen. Andere Ableger können in der Nacht nicht mehr geöffnet bleiben. Bislang war der 24-Stunden-Betrieb ein Merkmal der Gyudon-Restaurants. Auf Twitter machen Fotos der geschlossenen Sukyia-Läden die Runde. «Wegen Personalmangels haben wir heute geschlossen», heisst es auf handgeschriebenen Hinweisen an den Eingängen.
Das Mutterhaus Zensho Holdings bezeichnet dies als eine Umstrukturierungsphase, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Fluktuation zu senken. Zu diesem Zweck hat der Konzern angekündigt, sieben regionale Tochterunternehmen zu gründen, wie Jiji News berichtet. Ausserdem werden in vielen geschlossenen Läden Renovationen durchgeführt. «Power-Up-Bauarbeiten» nennt dies der Konzern.
Ursprünglich wollte man Ende April wiedereröffnen. Doch dieses Ziel ist laut Nikkansports in weite Ferne gerückt. Über 100 Läden bleiben geschlossen. Der Grund ist ein anhaltender Mangel an Arbeitskräften. Selbst mit Beginn des neuen Geschäftsjahres Anfang April hat sich die Lage nicht verändert. Der Arbeitsmarkt bleibt ausgetrocknet. Auch die Renovationen der einzelnen Restaurants kommen nicht schnell genug voran, weil es in der Baubranche derzeit ebenfalls an Leuten fehlt (Asienspiegel berichtete).
Nicht für alle ein Nachteil
Damit hat der Personalmangel, der auf die tiefe Geburtenrate, die überalternde Bevölkerung und die fehlende Immigration zurückzuführen ist, nun auch die personalintensive Gyudon-Branche erfasst. Bislang waren besonders die Bauindustrie sowie das Pflegewesen betroffen. Die Regierung will mit der Ausweitung des Praktikanten-Programms für Ausländer die Situation zumindest kurzfristig entschärfen (Asienspiegel berichtete). Langfristige Ansätze fehlen jedoch.
Der Mangel hat aber nicht für alle Nachteile. Gerade die Teilzeitangestellten erfreuen sich besserer Stundenlöhne, wie die Yomiuri Shimbun berichtet. In einigen Branchen hat man begonnen, wieder mehr Vollzeitangestellte zu beschäftigen, um die Leute länger zu halten (Asienspiegel berichtete).
Bei Sukiya hofft man derweil, die Situation wieder in den Griff zu kriegen. Bis Ende Mai sollen die noch geschlossenen Läden wieder eröffnet werde, heisst es nun. Es bleibt ein Etappenziel.
Das Foto des schlafenden Angestellten machte die Runde.
Dieser Sukiya hat nun nachts geschlossen
Hier gibt es wegen Personalmangels nur noch Take-out
Wegen Personalmangels kann nur der Drive-through-Service angeboten werden.
«Power-up-Bauarbeiten»: Eine von vielen Renovationsarbeiten in einem Sukiya
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