Schwanger ins Onsen
Wie damals die Römer haben die Japaner die Badekultur verinnerlicht. Das Land der Vulkane besitzt eine Unmenge an Bädern, die von natürlichen, heissen Quellen gespeist werden. Onsen heissen diese auf Japanisch. Sie entspannen und sind gut für die Gesundheit. Selbst die Medizin verschreibt für die Behandlung gewisser Leiden ein regelmässiges Bad im Onsen.
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
In Japan gibt es sogar ein Onsen-Gesetz, das alle Details zum kultivierten Baden regelt. Die chemische Zusammensetzung des Wassers, die verschiedenen Variationen von Onsen oder die Mindesttemperatur von 25 Grad werden hier unter anderem festgehalten. Die Besitzer der Bäder werden angehalten, die Gäste über den Anteil an Leitungswasser oder Zusätzen zu informieren (Asienspiegel berichtete).
Es werden aber auch die Gefahren und die medizinischen Wirkungen des heissen Vergnügens aufgelistet. So wurde 1982 der Zusatz eingefügt, dass Schwangere den Besuch im Onsen meiden sollten. Besonders am Anfang und gegen Ende der Schwangerschaftszeit bestehe eine Gesundheitsgefahr. Seither wird in den japanischen Onsen-Häusern pflichtbewusst darauf hingewiesen.
Schwangere dürfen doch in heisse Bad
Nun aber hat das Umweltministerium nach 32 Jahren beschlossen, diesen Zusatz zu kippen, wie NHK News berichtet. Der Grund für den Meinungsumschwung: es gebe keine medizinische, wissenschaftliche Studien, welche diese Empfehlung stützen. Schwangere könnten bedenkenlos ins heisse Bad steigen, heisst es nun.
Zu diesem Schluss ist eine Expertenkommission des Umweltministeriums gekommen. Man wisse ohnehin nicht, wie dieser Zusatz damals ins Onsen-Gesetz gekommen sei. Man wollte damals wohl darauf hinweisen, dass Schwangere ganz allgemein auf ihre Gesundheit achten sollten, mutmasst ein Mitglied der Kommission gegenüber der Yomiuri Shimbun.
Gleichzeitig hat das Umweltministerium beschlossen, die Liste der Krankheiten, die auf eine Onsen-Therapie ansprechen, zu erweitern. So sollen die heissen Quellen nach neuesten Erkenntnissen eine heilende Wirkung auf Schlafstörung, Depressionen oder Stresssymptome haben.
Mehr Bade- als Verkehrstote
Der Wunsch, sich gründlich zu waschen und zu entspannen, kann in Japan aber auch ganz ohne die gesundheitsfördernden Bestandteile der heissen Quelle in den zahlreichen öffentlichen Bädern, die fast in allen japanischen Stadtvierteln zu finden sind, befriedigt werden. Diese traditionellen Institutionen werden vor allem noch von älteren Bewohnern täglich genutzt. Viele Japaner bevorzugen heute das heisse Bad im eigenen Haus.
Diese intensive Badekultur hat dazu geführt, dass alleine in Tokio jährlich rund 14’000 Menschen in der Badewanne sterben. Damit wird die Zahl der Verkehrstoten um das Vierfache überstiegen. Oft liegt die Todesursache am Temperaturschock, wenn man im Winter zu abrupt vom kalten Zimmer ins heisse Bad steigt. Aber auch übermässiger Alkoholkonsum kann zu einem plötzlichen Herzversagen in der Hitze der Badewanne führen (Asienspiegel berichtete).
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Februar 2024 – Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Jahres-Abonnenten stehe ich für Fragen zur Verfügung. Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken