Anstrengend, dreckig, gefährlich
«Die Jugend ist verwöhnt und will nicht mehr hart arbeiten», hört man oft in Japan, wenn man die älteren Menschen nach den Ursachen der seit zwanzig Jahren anhaltenden wirtschaftlichen Stagnation fragt. Für diese Generation mag diese Begründung plausibel und verständlich klingen. Sie musste nach dem Krieg hungern und trug ihren Teil zum Wirtschaftswunder bei.
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Der Wiederaufbau des Landes sei nur dank der Bereitschaft, sogenannte 3K-Arbeiten «kitsui, kitanai, kiken» («anstrengend, dreckig, gefährlich») zu verrichten, möglich gewesen, heisst es daher gerne. Weil die heutige Jugend eine Distanz zu den körperlich anstrengenden Berufen pflege, habe der wirtschaftliche Niedergang eingesetzt. Diese These festigte sich irgendwann nach dem Platzen der Wirtschaftsblase in den Köpfen vieler Japaner und hat sich bis heute gehalten. 3K ist zu einem gängigen Begriff geworden.
Natürlich greift diese Erklärung zu kurz und blendet Themen wie die Folgen der Wirtschaftskrise, die Überschuldung, die Überalterung, strukturelle Verkrustungen oder der Wechsel zu einem System der Teilzeitarbeit völlig aus. Aber weil 3K eine eingängige und simple Erklärung bietet, hält sich die These hartnäckig.
Die 3K-Aussage mit Folgen
Und manchmal kommt es auch vor, dass grosse Wirtschaftsleute in das 3K-Fettnäpfchen treten. So geschehen im Fall von Kentaro Ogawa, dem Präsidenten von Zensho Holdings, das mit Sukiya eine der grössten Restaurant-Ketten des Landes betreibt. «Die Japaner sind immer weniger bereit, 3K-Arbeiten zu tätigen», beklagte sich Ogawa laut der Asahi Shimbun an einer Pressekonferenz.
Der Präsident hat tatsächlich Grund zur Sorge. Zurzeit sind 184 Ableger von «Sukiya» wegen Umbauarbeiten oder Personalmangels temporär geschlossen. Angestellte klagen über schlechte Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung und Überarbeitung. In den Nachtstunden muss jeweils ein Einziger den gesamten Laden von der Bedienung bis zur Küche führen (Asienspiegel berichtete).
Zensho Holdings hat Besserung im Umgang mit den Angestellten versprochen. Noch bleiben aber gemäss offiziellen Angaben des Unternehmens 28 Läden wegen Personalmangels geschlossen. Beim den restlichen geschlossenen 156 Restaurants spricht man von Umbauarbeiten. In zahlreichen Ablegern mussten die Öffnungszeiten wegen zu wenig Angestellten gekürzt werden. Das wirkt sich auch auf die Zahlen aus. Der letztjährige Gewinn ist gemäss Sankei Shimbun um 78 Prozent auf 1,1 Milliarden Yen gesunken.
Die Reaktionen
Just in diesem Moment deutet Präsident Ogawa mit der 3K-Aussage seine persönliche Meinung zur aktuellen Personalkrise durchschimmern. Er hätte lieber darauf verzichtet, denn die Reaktionen im Internet liessen nicht lange auf sich warten:
«Hat Ogawa damit nun selbst zugegeben, dass es sich bei Sukiya um 3K-Arbeit handelt?» (@kingbiscuitSIU),
«Hat der Sukiya-Präsident etwas keine Lust, die 3K-Bedingungen zu verbessern?» (@Redpyramidcute),
«Seit wann gehört die Gastronomie zu den Berufssparten dreckig und gefährlich?» (@sha_down),
«Die Arbeit ist anstrengend, das Management dreckig und wegen Überfällen ist Sukiya gefährlich. Der neue 3K-Arbeitsort», interpretiert Twitter-Nutzer @sarasiru auf eigene Weise die Worte des Zensho-Präsidenten.
Die Gegenreaktion
Die Empörung über Ogawas Äusserung waren derart intensiv, dass Zensho Holdings gezwungen war, eiligst eine Pressemitteilung zu verfassen. Das Zitat der Asahi Shimbun sei aus dem Zusammenhang gerissen, kritisierte das Unternehmen die Zeitung. Präsident Ogawa habe während der Pressekonferenz lediglich einen Zeitungsartikel der Toyo Keizai zitiert, das er am Vortag gelesen habe.
Der Begriff 3K stamme also nicht von ihm selbst. Zudem habe er mit 3K nicht den Zustand von Sukiya beschrieben, sondern Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in Japan genommen, heisst es in der Pressemitteilung.
Trotz Korrektur ist der Schaden angerichtet. Das 3K-Zitat macht seither in den sozialen Medien die Runde, stets in Zusammenhang mit Sukiya. Für das Unternehmen ist dies bestimmt keine Hilfe, den Personalmangel möglichst schnell zu beheben.
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