Die Manga-Zensur
Vor drei Jahren hat die Tokioter Stadtregierung die Manga-Welt unter Aufsicht gestellt. Eine neu eingeführte Verordnung ermöglicht seither den Behörden, den Verkauf von Manga-Werken, die «strafbare oder von der sozialen Norm abweichende sexuelle Handlungen übertrieben darstellen oder verherrlichen und damit ungesund für die Entwicklung der Jugend sind» zu regulieren oder gar komplett zu verbieten.
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Bei Künstlern und Verlagen sorgte diese Massnahme für einen Aufruhr (Asienspiegel berichtete). Mit der Verordnung würden das Recht auf Meinungsäusserung sowie die künstlerischen Freiheiten eingeschränkt, lautete die Kritik. Die Branche werde der Behördenwillkür ausgesetzt.
Letzten Endes setzte sich der streitbare Gouverneur Shintaro Ishihara zusammen mit Eltern- und Lehrerverbänden durch. Es sei Zeit der sexuellen Gewalt in der Welt der Manga einen Riegel zu schieben, lautete das Argument (Asienspiegel berichtete). Mit der Massnahme sollte insbesondere die Kinderpornographie sowie der gefährliche Einfluss solcher Darstellungen auf die jugendlichen Leser bekämpft werden.
Der erste Fall
Passiert ist in den letzten drei Jahren jedoch gar nichts. Die Aufregung in der Manga-Branche schien umsonst gewesen zu sein. Wo fängt die gefährliche Darstellung an und wo hört die freie Meinungsäusserung auf? Diese Frage schienen selbst die Behörden lange nicht beantworten zu können – bis jetzt. Denn erstmals hat die Tokioter Lokalregierung unter dem neuen Gouverneur Yoichi Masuzoe ein Manga-Werk auf den Index gesetzt.
Das Buch Imoto Paradise 2 (Little Sister’s Paradise 2) des Verlags Kadokawa wurde von einer Expertengruppe der Regierung als «ungesunde Publikation» bewertet, weil diese inzestuöse Handlungen verherrliche. Damit ist es untersagt, den Manga-Titel Personen unter 18 Jahren zu verkaufen, wie TBS News berichtet. Ausserdem dürfen die Buchhändler Imoto Paradise 2 nur noch in einer getrennten Abteilung für Erwachsene, wo Kindern der Zugang untersagt ist, verschweisst auflegen.
Laut der Mainichi Shimbun hat die Expertengruppe der Regierung, die sich mit den Manga-Publikationen befasst, den Entscheid einstimmig gefällt, auch wenn einige Mitglieder zunächst Zweifel äusserten, ob das Manga-Buch wirklich unter die Verordnung fallen solle.
Mehr Werbung als Strafe?
Die Verordnung bleibt umstritten. Rechtsexperten haben bereits vor drei Jahren die Meinung geäussert, dass diese Kontrollfunktion durch die Verbreitung der Manga im Internet schlichtweg bedeutungslos sei (Asienspiegel berichtete).
Ausserdem ist die Einschränkung einzig im Raum Tokio wirksam. Im Rest des Landes ist das Manga-Buch weiterhin ohne Restriktionen erhältlich. Am Ende könnte für Tokio der Schuss nach hinten losgehen. Noch nie hatte Imoto Paradise 2 eine grössere Medienaufmerksamkeit.
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