Sterbende Städte und Dörfer

Yubari auf der japanischen Nordinsel Hokkaido war einst eine florierende Stadt mit fast 120’000 Einwohnern. Das war 1960, als man mit dem Kohlebergbau noch viel Geld verdiente. Dann kam das Erdöl und irgendwann schloss die letzte Zeche. Arbeit gab es keine mehr. Die jungen Leute zogen in die grossen Städte. Heute hat Yubari nicht einmal mehr 10’000 Einwohner. Fast die Hälfte ist über 65 Jahre alt, 2007 musste die Stadt den Bankrott anmelden. Besserung ist nicht in Sicht. Yubari steht stellvertretend für eine Entwicklung, die sich zurzeit in ganz Japan abspielt.
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Die grosse Hauptstadtregion Tokio zieht die jungen Japaner in Massen an. Hier finden Sie Arbeit und Wohlstand. Auch die Grossstädte Nagoya und Osaka haben eine ähnliche Magnetwirkung. Und so entziehen sie dem Rest des Landes die letzten Energie.
Die ländlichen Städte und Dörfer verkommen zunehmend zu Orten mit einer überalterten Bevölkerung. Der dringend nötige Nachwuchs ist nicht in Sicht, die Zeit der Babyboom-Generation der 50er- und 60er-Jahre, als sich Japans Bevölkerung fast verdoppelte, schon lange vorbei.
Ein radikaler Bevölkerungsrückgang
Mit einer tiefen Geburtenrate von 1,41 geht die Einwohnerzahl seit 2010 in Japan stetig zurück. Heute sind es rund 127 Millionen, bereits 2048 werden es weniger als 100 Millionen sein (Asienspiegel berichtete). Eine Studie des privaten Forschungsinstituts Japan Policy Council hat ergeben, dass 896 Gemeinden in Japan, also fast die Hälfte aller 1800 Städte und Dörfer, in den nächsten Jahren einen radikalen Bevölkerungsrückgang erleben werden.
Gemäss der Studie werden diese 896 Gemeinden bis 2040 nur noch halb so viele Frauen im Alter von 20 bis 39 Jahren zählen. Mit der jetzigen Geburtenrate bedeutet dies nichts Gutes für die Zukunft dieser Orte. Die Bevölkerung wird dort zunehmend älter, die Nachfrage nach Pflegeeinrichtungen wird steigen. Gleichzeitig werden gerade die Gemeinden mit zunehmendem Personalmangel zu kämpfen haben. Rund 523 Gemeinden seien dadurch akut in ihrer Existenz bedroht, so der Japan Policy Council.
Schrumpfende Städte
Aber auch grössere ländlichen Städte sind von dieser Entwicklung betroffen, wie die Studie zeigt. Präfekturhauptstädte wie Akita und Aomori werden in den nächsten Jahren über 50 Prozent weniger Frauen zwischen 20 und 39 Jahren zählen. So leben in der Stadt Aomori heute fast 300’000 Einwohner. Bis 2040 werden die Zahl schätzungsweise auf 192’000 sinken. Diese Entwicklung zieht sich durch die gesamte Präfektur. Auch die Bevölkerung der touristischen Stadt Hakodate auf der Nordinsel Hokkaido wird in den nächsten zwanzig Jahren von derzeit 280’000 auf voraussichtlich 160’000 sinken.
Bereits heute wird die Problematik des Bevölkerungsrückgangs in Japans ländlichen Städten ersichtlich. In der wirtschaftlichen Hochwachstumsphase mit einer grosszügigen Infrastruktur ausgestattet, weisen sie zunehmend leere Bürohäuser auf, die von besseren Zeiten zeugen.
Vorschläge sind gefragt
So kämpft Japan nicht nur gegen einen anhaltenden Bevölkerungsrückgang, sondern auch mit einer Landflucht, welche die zahlreiche Gemeinden in ihrer Existenz bedrohen. Da die Geburtenrate in Tokio die tiefste im ganzen Land ist, wird der Bevölkerungsrückgang durch die Landflucht gar noch beschleunigt. Und irgendwann wird selbst Tokio der Nachwuchs ausgehen, mit allen wirtschaftliche Folgen für das Land.
Für den Japan Policy Council ist die Lage kritisch. Es sei falsch, eine optimistische Sicht einzunehmen und das Problem auf später zu verschieben. Das Forschungsinstitut schlägt daher eine Reihe von Massnahmen vor. So müssten beispielsweise die jungen Menschen mit Steuergeschenken und anderen sozialen Anreizen dazu gebracht würden, wieder in die Regionen zu ziehen. Es müsse zudem ein Umfeld geschaffen werden, in dem Heirat und Kinderkriegen wieder attraktiv werden. Auch sei es dringend notwendig, eine zurzeit nicht existente Einwanderungspolitik zu gestalten, welche den Rückgang ebenfalls stoppen helfen könnte.
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