Der Boom des Kaiten-Sushis

Sushi auf dem Förderband.
Sushi auf dem För­der­band. Foto: Asi­en­spie­gel

Es war Ende der 1950er-Jah­re als Yoshia­ki Shirai­shi beim Besuch einer Bier­braue­rei den genia­len Ein­fall hat­te. Der Besit­zer eines klei­nen Sushi-Restau­rants beob­ach­te­te damals, wie die Bier­fla­schen auf dem Fliess­band effi­zi­ent durch das Pro­duk­ti­ons­sys­tem beför­dert wur­den. Dies brach­te Shirai­shi auf die Idee, Sushi und Fliess­band zu kombinieren.

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1958 eröff­ne­te er in Higa­shio­ka mit dem Gen­ro­ku Sushi das ers­te Fliess­band-Sushi-Restau­rant der Welt. Das soge­nann­te Kai­ten-Sushi war gebo­ren. Bis die­ses Kon­zept jedoch die Welt erober­te, soll­ten wei­te­re Jahr­zehn­te ver­ge­hen. Denn anfäng­lich blick­te man noch skep­tisch auf Shiraishis Neu­erfin­dung. Man zog das klas­si­sche Sushi-Restau­rant mit dem Meis­ter, der sei­ne Kun­den direkt am Tre­sen bedient, vor.

Vom Meis­ter zum Fabrikarbeiter

Sushi war zu jenen Tagen selbst in Japan etwas Exklu­si­ves, das man nicht täg­lich mit der Fami­lie essen ging. Bei fei­er­li­chen Gele­gen­hei­ten traf man sich zum Sushi-Essen. Das Kai­ten-Kon­zept ver­än­der­te alles. Durch das För­der­band wur­de das einst teu­re Sushi plötz­lich zur erschwing­li­chen Ware. Der Sushi-Meis­ter wur­de zur Rand­fi­gur, zum Schicht­ar­bei­ter in der Fisch-Fabrik. Die Zwei­fel an die­ser neu­en Bran­che blie­ben hart­nä­ckig. Sushi vom Kai­ten? Konn­te sol­cher Bil­lig­fisch wirk­lich frisch und gut sein?

Bei der Welt­aus­stel­lung in Osa­ka 1970 erhielt Shiraishis Kon­zept erst­mals die gros­se Aner­ken­nung. Es wur­de zum Start­schuss für die Ver­brei­tung des Kai­ten-Sushi in Japan. Vie­le der heu­te rund 11 über­re­gio­nal ope­rie­ren­de Restau­rant­ket­ten eröff­ne­ten ihren ers­ten Able­ger in jenem Jahr­zehnt. Irgend­wann sank der Preis auf magi­sche 100 Yen für einen Tel­ler mit zwei Sushis und auch der Rest der Welt fand Gefal­len am Fliessbandessen.

Frit­ten und Sushi

Heu­te gehö­ren die Kai­ten-Sushi zu den Wachs­tums­mo­to­ren der japa­ni­schen Gas­tro­no­mie­bran­che. Laut einer Stu­die des Markt­for­schers CREST ist die Zahl der Japa­ner, die aus­wärts essen gehen in den letz­ten vier Jah­ren noch­mals um 2,1 Pro­zent ange­stie­gen. Die Kai­ten-Sus­hi­bran­che ver­zeich­ne­te der­weil im sel­ben Zeit­raum ein Besu­cher­wachs­tum von 9,8 Prozent.

Der Boom grün­det auf einem bewuss­ten Stra­te­gie­wech­sel. Im letz­ten Jahr­zehnt haben sich die Kai­ten-Sus­hi­ket­ten in den gros­sen Vor­or­ten als fami­li­en­freund­li­che Restau­rants eta­bliert. Anstatt ein­fa­che Tre­sen fin­det man heut­zu­ta­ge gros­se Tische für die gan­ze Fami­lie direkt am Fliess­band vor. Bestellt wird spie­le­risch über ein Tablet. Auf einer zwei­ten Fliess­ban­de­ta­ge wer­den die Spe­zi­al­be­stel­lun­gen gelie­fert. Das Ange­bot beschränkt sich der­weil nicht mehr nur auf Fisch. Sogar Frit­ten wer­den im Sushi-Laden serviert.

So kommt es, dass inzwi­schen 21 Pro­zent aller japa­ni­scher Fami­li­en mit Kin­dern, die aus­wärts essen gehen, sich fürs Kai­ten-Sushi ent­schei­den. Damit liegt die­se Bran­che noch vor den klas­si­schen Fami­ly Restau­rants, wel­che sich durch ein viel­fäl­ti­ges und bil­li­ges Menü­an­ge­bot aus­zeich­nen. Beim Kai­ten-Sushi bleibt der Preis ein Haupt­ar­gu­ment für den Besuch (55%). Doch laut dem Markt­for­scher CREST sagen immer mehr Kun­den, dass das Essen gut (36,5%) und das Menü reich­hal­tig sei. Zudem pochen die Kin­der zuneh­mend auf den Kai­ten-Besuch. So hat sich Sushi in Japan über die Jahr­zehn­te hin­weg zu einem erschwing­li­chen Fami­li­en­es­sen eta­bliert, das einem auch noch ganz gut schmeckt.

Die wich­tigs­te Kund­schaft vergessen

Für die Bran­che bleibt wei­ter­hin Platz für Wachs­tum. Denn durch den Fami­li­en­fo­kus hat sie die Kun­den, die allei­ne essen kom­men, über die Jah­re stark ver­nach­läs­sigt. Dabei sind sie in Japan die gröss­te Kund­schaft. 2013 waren laut CREST gleich 41,6 Pro­zent aller Restau­rant­be­su­cher Kun­den ohne Begleitung.

Die­se soge­nann­ten Boc­chi-Gäs­te (Asi­en­spie­gel berich­te­te) zie­hen die klas­si­schen Sushi-Loka­le mit Tre­sen und Sushi-Meis­tern sowie die Fami­ly-Restau­rants vor. Dass ein heu­te ein ein­sa­mer Kai­ten-Besuch für vie­le Japa­ner ein klei­nes Ereig­nis dar­stellt, zeigt Twit­ter-User @TwitAA_bot. Ihr Foto vom ers­ten Sin­gle-Besuch hat sich in den sozia­len Medi­en gleich herumgesprochen.

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